Supermarkt-Theologie

Die besten (Selbst-)Erkenntnisse bekommt man oft nicht in der Kirche, sondern an ganz überraschenden Orten. Zum Beispiel im Supermarkt.

Gestern abend beim Anstellen an der Kasse: Die Schlangen an allen Kassen gleich lang. Ich schaue nach rechts und links, merke mir die Leute die in den anderen Schlangen da stehen, wo ich stehen würde, wenn ich mich für deren Schlange entschieden hätte… Nach ein paar Minuten sind die Nachbarschlangen deutlich weitergerückt, nur meine kommt einfach nicht aus dem Quark.

Ganz vorne sitzt eine Kassiererin. Eine sehr junge Kassiererin. Eine sehr junge Kassiererin, die wohl gerade erst angefangen hat in diesem Supermarkt. „Na toll“, denke ich, „ich komme spät von der Arbeit, zu Hause warten die Kids, und jetzt erwische ich ausgerechnet diese eine Angestellte…“ – manchmal hat man die dunkelsten Gedanken beim Einkaufen. Und auch die ehrlichsten.

Dann noch ein Gedanke: Warum sehe ich das eigentlich nur aus meiner Perspektive? Wenn ich geduldig in der Schlange warte und beim Kassieren dann immer noch freundlich bin zu ihr – nimmt sie dann nicht eine gute Erfahrung mit nach Hause? Ist beim nächsten Mal ein klein bisschen mehr motiviert? Bekommt ein klein bisschen schneller Routine? Und in Zukunft müssen Leute bei ihr in der Schlange ein klein wenig weniger lang warten…?

Ich fürchte, viel zu oft bin ich, sind wir im Supermarkt, in der Familie, in der Gemeinde, im Leben überhaupt zuerst mit der Frage beschäftigt: Was habe ich davon? Warum kommt mir der andere jetzt in die Quere?

Aber Jesus dreht für mich diese Frage herum: Was hat der andere von mir?

Jesus hat nie gefragt, was er davon hat auf die Erde zu kommen. Seine Göttlichkeit einzuschränken. Mit uns Menschen zu schuften, zu schwitzen, zu bluten, sie zu trösten, sie zu ertragen, sich alles aufzuladen, was wir mit uns herumschleppen. Nur für uns. Nur für mich. Und wie viel habe ich davon!

Je mehr ich das Leben durch die Brille des Was-habe-ich-jetzt-davon betrachten, desto mehr kleine unscheinbare Gelegenheiten Gottes verpasse ich, wirklich geistlich zu wachsen. Ich wünsche mir, dass Jesus mehr auf mich abfärbt – auch im Supermarkt…

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