Der Guttenberg-Betrug

Wir alle glauben Wikipedia. Nicht weil wahr ist, was drin steht. Aber weil es so einfach ist, nachzuschlagen. Und weil wir zu faul sind, das Gelesene zu überprüfen. Wer etwas über die kunsthistorische Tradition des Kölner Doms für sein Schulreferat erfahren möchte, für den mag Wikipedia eine absolut glaubwürdige Quelle sein (jedenfalls hat Gutgläubigkeit in diesem Fall  keine großen Auswirkungen).
Gefährlich wird Wikipedia, wenn sie von „richtigen“ Journalisten ungeprüft als Quelle für ihre Informationen herangezogen wird. Wie im Fall des „Guttenberg-Betrugs“. Wie ein anonymer Autor im BildBlog bekennt, hatte er kurz vor der Ernennung des Freiherren zum neuen Bundeswirtschaftsminister den Wikipedia-Eintrag des Adeligen manipuliert. In die lange Kette adeliger Vornamen schmuggelte Mr. X einen harmlosen „Wilhelm“ ein, der da nicht hingehörte. Innerhalb von 24 Stunden verbreitete sich die gezielte Fehlinformation durch sämtliche Medien.
Egal ob handelsblatt.com, heute.de oder die taz – viele Online-Portale großer Medienunternehmen veröffentlichten Artikel über den neuen Minister, „Wilhelm“ inklusive. Spiegel Online zitierte zu Guttenberg sogar indirekt mit der Nennung eines Vornamens „Wilhelm“ – den er gar nicht hatte (haben die Spiegel-Journalisten überhaupt mit dem Minister gesprochen?).
Selbst als die ersten Wikipedia-Nutzer misstrauisch wurden und den hinzugefügten Vornamen mangels Belegen aus dem Artikel entfernen wollten, wurde er von anderen Nutzern flugs wieder eingefügt – schließlich war ja in vielen seriösen Quellen von einem „Wilhelm“ zu lesen gewesen.
Ich weiß nicht, was ich schlimmer finde: Wie leicht ein Nobody heute Informationen nachhaltig beinflussen kann. Oder wie leichtfertig Journalisten von Wikipedia und voneinander abschreiben.
Übrigens: Diese Informationen habe ich ohne Recherche einer zweiten Quelle aus dem Bild-Blog übernommen. Sie könnten auch komplett falsch sein. Das macht aber nichts, steht ja so im Internet.

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