Wenn Organisationen ersticken

Tod durch Ersticken ist eine der schmerzhaftesten Arten zu sterben. „Langsam und qualvoll“, heißt es dann im Polizeibericht. Man mag es sich nicht wirklich vorstellen.
Aber auch Firmen, Vereine, Teams oder Gemeinden können durch Ersticken zu Grunde gehen. Für die beteiligten Mitarbeiter ist das ebenfalls ein langsamer und qualvoller Prozess, ein Dahinsiechen bei vollem Bewusstsein der Krise – scheinbar ohne Mittel und Möglichkeiten, das drohende Schicksal abzuwenden.
Für Unternehmensberater Ron Ashkenas ist eine der Hauptursachen, die zum Ersticken einer Organisation führen können, die Komplexität: Ein sich ständig veränderndes Umfeld erzeugt immer neue Gelegenheiten, aktiv zu werden. Selbständige und kreative Mitarbeiter sind gut darin, diese Gelegenheiten zu nutzen und so erzeugen sie immer neue Aktionen, Arbeitsabläufe und Verantwortungsfelder. Nicht dass diese Dinge an sich schlecht wären – aber in der Folge erliegen immer mehr Kollegen der Tendenz, mehr zu arbeiten, sich immer weniger auf Kernaufgaben zu konzentrieren und sich ganz allgemein überfordert zu fühlen.
Wie managt man eine „große“ Organisation so, dass sie nicht an ihrer eigenen Komplexität und der ihres Umfeldes erstickt?
„Man muss die Dinge einfach halten“, zititert Ashkenas den Leiter der Personalentwicklung in der niederländischen Containterspedition Maersk, die 100.000 Mitarbeiter in 130 Ländern beschäftigt. Für Maersk heißt das, dass sich die oberste Führungsebene auf fünf Aufgaben im Unternehmen konzentriert und alles andere in die einzelnen Teilbereiche delegiert. Diese fünf sind:

  1. Arbeitsbereiche definieren (welche Abteilungen sollen zu uns gehören?)
  2. Strategische Ziele definieren und deren Einhaltung einfordern (was wollen wir erreichen?)
  3. Ressourcen verteilen (wie viel Geld investieren wir in welchen Bereich?)
  4. Personalentwicklung für Führungskräfte (wie bringen wir die besten Leute an die richtigen Positionen?)
  5. Synergien erkennen (wo können wir besser bereichsübergreifend arbeiten?)

Nicht jede Organisation ist so breit aufgestellt wie Maersk oder hat ein vergleichbares Maß an Komplexität zu handhaben. Aber unabhängig von der Größe einer Organisation bleibt heißt das beste Mittel gegen den Erstickungstod: Tue weniger, nicht mehr.
Setzt voraus, dass man weiß, welche der vielfältigen Aktivitäten noch Teil des „weniger“ sein sollen und wirklich Prioritäten setzen und durchhalten kann. Aber wenn ein weltweit tätiger Konzern wie Maersk das kann – sollte das dann nicht auch in kleineren Firmen, Vereinen, Teams oder Gemeinden möglich sein?

Schreibe einen Kommentar