Wie man die Welt Gottes sehen lernt

Stellen Sie sich vor: Sie sitzen in einem riesigen Konzertsaal. Auf der Bühne spielt ein weltberühmtes Orchester. Sie haben die Augen geschlossen, genießen eine unsichtbare Welt von Tönen und Harmonien.  Sie bewundern die Musiker für ihr Talent und ihre Hingabe. Stellen Sie sich vor, neben Ihnen sitzt ein professioneller Musiker. Wie erlebt er das gleiche Konzert?
Ich vermute: Der Musiker erkennt Schwächen, die Ihnen verborgen bleiben: Eins der Saiteninstrumente ist nicht ganz korrekt gestimmt. Das Cello ist ganz leicht aus dem Takt. Die Posaune setzt einen Hauch zu spät ein. Der Musiker sieht aber nicht nur Schwächen – er genießt auch Nuancen, die Sie nicht wahrnehmen können: Ein unkonventioneller Wechsel der Tonart zum Beispiel, oder ein besonders kunstvolles Geigenarrangement.
Man muss zur Welt der Profimusiker gehören, um die Dinge zu erkennen, die zur Profimusik gehören. Für mich ändert sich das erst, wenn mich ein Profimusiker mit zu einem Konzert begleitet. Wenn er mich aufmerksam macht auf die Feinheiten, mich einführt in die Welt der Musik. In mir wächst ein neuer Sinn für Musik, gibt der gleichen Situation wie vorher nun eine ganz neue, tiefere, wahre Bedeutung . Ein bisschen so, als würde ein Blinder beginnen zu sehen.
Jesus hat einmal gesagt: So ähnlich ist es mit allem, was mit Gott zu tun hat. Drei Jahre war Jesus mit seinen Jüngern unterwegs. Sie erlebten den gleichen Alltag und die gleichen Situationen wie er – aber oft hat Jesus Dinge gesehen, die ihnen verborgen blieben. Oder Dinge getan, auf die sie niemals gekommen wären.
Jesus konfrontiert Menschen, wo die Jünger sie hofieren. Jesus tröstet Menschen, wo die Jünger verurteilen. Jesus betet, wo die Jünger die Ärmel hochkrempeln. Jesus bezieht die übernatürliche Kraft Gottes in sein Handeln mit ein, wo die Jünger längst am Ende des Menschenmöglichen sind.
Nach diesen drei Jahren, kurz vor Kreuzigung und Auferstehung und Himmelfahrt, eröffnet ihnen Jesus, dass er sie bald verlassen wird. Und das das letztlich gut für sie ist, weil an seiner Stelle der Heilige Geist in ihr Leben treten wird. Als Tröster, als Beistand, als Freund.
Der Heilige Geist wird vieles in ihrem Leben verändern, auch die Art und Weise, wie sie in Zukunft die Welt sehen werden. So wie der Profimusiker den Blick öffnet für eine neue, tiefere, wahre Bedeutung von Musik  – so öffnet der Heilige Geist den Jüngern den Blick für die Welt Gottes. In Johannes 16, 8 sagt Jesus zu seinen Freunden:
Wenn der Tröster kommt, wird er der Welt die Augen auftun über die Sünde und über die Gerechtigkeit und über das Gericht.
Jesus verspricht ihnen: Wenn der Heilige Geist kommt, dann kommt euer Tröster, euer Beistand, euer Freund. Er wird euch und anderen Menschen helfen Dinge zu sehen, für die ihr bisher blind wart. Ihr werdet begreifen, was Sünde wirklich ist, was Gerechtigkeit wirklich bedeutet, und wie das Böse auf dieser Welt am Ende vor Gericht gestellt werden wird.
Sünde, Gerechtigkeit, Gericht – ohne die Sehhilfe des Heiligen Geistes verbinden sich mit diesen Worten nur trockene Theologie oder düstere Drohungen. Denn der Mensch bleibt innerhalb seiner Welt trotz aller grandiosen Fähigkeiten zu denken und zu forschen letztlich doch blind für die Welt Gottes. Mit den Mitteln seiner Welt kann der Menschen nicht wirklich begreifen, was Sünde ist, oder Gerechtigkeit, oder Gericht.
Weil Jesus das weiß, schickt er seinen Nachfolgern mit dem Heiligen Geist eine Art Profimusiker für das Konzert unseres Lebens. Einen Tröster, einen Beistand, einen Freund. Der Heiligen Geist verhilft Menschen mitten in den Begrenzungen unserer Welt, die Dimension Gottes kennen und darin leben zu lernen.
Dieses Versprechen hat Jesus allen gegeben, die ihm nachfolgen wollen. Es gilt bis heute.

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