Vor Gott verstecken

Haben Sie schon einmal zugesehen, wenn kleine Kinder Verstecken spielen? Sie krabbeln unter Tische, verbergen sich hinter Vorhängen – und manchmal halten sie sich einfach mit den Händen die eigenen Augen zu. Sie tun das in der sicheren Vermutung, sie selbst würden dadurch unsichtbar.
Als Erwachsene schmunzeln wir darüber – weil wir wissen, dass man sich nicht aus einem Raum hinaus zaubern kann, egal wie sehr man es sich wünscht. Und dass man nicht dadurch unsichtbar wird, dass man sich selbst die Augen zuhält.
Wie ist das mit Gott? Könnte ich mich eigentlich vor ihm verstecken, wenn ich das unbedingt wollte? Oder anders herum gefragt: Kann Gott sich soweit von mir entfernen, dass ich ihn nicht mehr finden kann?
In Psalm 139 beschäftigt sich der alttestamentliche König David ausführlich mit dieser Frage. David hatte von klein auf die Nähe Gottes immer wieder auf eindringliche Art und Weise erlebt. Aber immer wieder findet er sich auch in einer Achterbahn des Schicksals wieder. Vom Volk wurde er oft begeistert gefeiert, aber immer wieder wurde er auch von mächtigen Feinden bedroht. Und mehr als einmal musste er in den Abgrund seiner eigenen Schuld schauen.
David hätte immer wieder Gelegenheit und guten Grund gehabt zu fragen, ob Gott wirklich  da ist. Ob Gott wirklich noch da ist. Aber mitten in all diesen Krisensituationen macht er immer wieder die Erfahrung, die er im 139. Psalm in Worte fasst. Dort heißt es in Vers 11 und 12:
Spräche ich: Finsternis möge mich decken und Nacht statt Licht um mich sein, so wäre auch Finsternis nicht finster bei dir, und die Nacht leuchtete wie der Tag.
David erlebt Gottes Nähe so intensiv, so unmittelbar, dass für ihn klar ist:
Selbst wenn ich wollte, könnte ich vor Gott nicht fliehen. Es gibt keine Finsternis, die das Licht Gottes in meinem Leben auslöschen könnte. Auch in den schwierigsten Lebensumständen ist Gott ist immer noch für mich da. Ist Gott mir immer noch nahe.
Das erinnert mich an die Kleinkinder beim Versteckspiel: Selbst wenn ich mir die Augen zuhalten würde – Gott würde mich immer noch sehen.
Dabei hängt Gottes Nähe nicht davon ab, ob ich selbst sie für möglich halte. Ich erlebe immer wieder Situationen, in denen ich Gottes Nähe nicht fühle, vielleicht sogar an ihr zweifle. Aber selbst wenn ich mir nicht mehr vorstellen kann, dass Gott mich noch sieht, dass er mich noch liebt – ist er doch da.
Gottes Gnade und Güte übersteigt wohl tatsächlich alles menschliche Verständnis. Was für eine unfassbare Gewissheit und Zusage Gottes: Selbst wenn ich mich in undurchdringlicher Finsternis begraben wollte, ließe Gott sich dadurch nicht beeindrucken. Auch wenn ich nur noch Nacht um mich herum sähe, so leuchtet diese Nacht für Gott doch wie der helle Tag.
Spräche ich: Finsternis möge mich decken und Nacht statt Licht um mich sein, so wäre auch Finsternis nicht finster bei dir, und die Nacht leuchtete wie der Tag.
Ich darf Gott vertrauen, dass das auch heute für mich gilt.
(erschienen in der Sendereihe Wort zum Tag bei ERF Plus)

Schreibe einen Kommentar