Das Leben ist keine Autowerkstatt

Ich schlage die Bibel auf, Neues Testament, Galaterbrief, Kapitel 5. Ich lese den Satz:

Wir warten im Geist durch den Glauben auf die Gerechtigkeit, auf die wir hoffen.

Ich muss ein bisschen schlucken. Denn ich bin kein guter Warter.

Ich denke an neulich, in der Autowerkstatt. Ich will nur schnell mein Auto abholen, nur ein Kunde vor mir in der Schlange. Aber es dauert. Der andere fachsimpelt mit dem Werkstattinhaber, ob ein bestimmtes Ersatzteil für einen bestimmten Motor passt oder nicht. Die beiden haben eine Engelsgeduld – ich nicht. Ich trete von einem Fuß auf den anderen. Schaue auf mein Smartphone. Checke meine E-Mails, die Nachrichten. Die beiden fachsimpeln noch immer.

Ich finde Warten nervig. Wenn ich ehrlich bin, nicht nur in der Autowerkstatt, sondern oft auch in anderen Situationen des Lebens. Aber womöglich entgeht mir  dabei etwas Wichtiges. Denn Zeiten des Wartens sind nicht nur ein „Aufgehaltenwerden“, sondern auch ein „Aufetwaszugehen“.

Das ist wie beim Kochen: „10 Minuten bei schwacher Hitze köcheln lassen“ ist nicht der Freibrief zur Zeitverschwendung, sondern der Freiraum zur vollen Entfaltung des Geschmacks.

Genauso braucht auch meine Seele braucht Freiraum, eine Art des Wartens, damit in mir etwas zur vollen Entfaltung kommt.  Gott weiß das, und deshalb mutet er mir im Leben Zeiten des Wartens zu. Zeiten, die ich irrtümlich für ein „Aufgehaltenwerden“ halte, die aber in Wahrheit Zeiten des „Aufetwaszugehens“ sind.

 

(erschienen in der Sendereihe Anstoß bei ERF Plus)

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