Tür in die Zukunft

Wir leben in einer absoluten Kommunikationsgesellschaft. Radio, Fernsehen, Internet, soziale Netzwerke – wohl noch nie in der Geschichte hat eine Gesellschaft so viel geredet, gesendet, gepostet und getwittert. Und doch fehlen unserer Zeit manchmal an wichtigen Stellen die Worte. Manchmal fehlen uns Worte der Anteilnahme, oder des Trostes, oder der uneingeschränkten Ermutigung. Und: Uns fehlen Worte der Buße.

Unsere Zeit hat es verlernt, sich heilsam mit Schuld auseinander zu setzen. Ja, natürlich: Man „distanziert“ sich von früheren Aussagen, die man heute bereut. Oder man „entschuldigt sich“ – als könne man im Alleingang Schuld abstreifen ohne Mitwirkung dessen, an dem man schuldig geworden ist. Aber solche Worte machen Buße billig und beiläufig. Wenn ich Buße so verstehe, nehme ich ihr die heilsame Kraft – und damit mir selbst die Chance auf einen neuen Weg.

Aber wo uns Worte fehlen, können wir uns welche leihen. Von Menschen, die in Worte fassen konnten, was wir selbst nicht ausdrücken können. Eine solche Ressource sind die Psalmen in der Bibel: Seit vielen Jahrhunderten finden sich Menschen in den Worten dieser Gedichte und Lieder wieder.

Worte der Buße finden wir zum Beispiel in Psalm 51: Der alttestamentliche König David hat diesen Psalm gedichtet, nachdem er seine Macht missbraucht hatte um mit der Ehefrau seines Nachbarn zu schlafen. Als die Sache drohte aufzufliegen, schickte er den Nachbarn auf das Schlachtfeld und in den Tod.  Angesichts solcher Schuld kann sich David nicht einfach „distanzieren“, er kann sich nicht einfach „entschuldigen“. David braucht einen besseren, heilsamen Weg in die Zukunft: Buße.

Und die Buße Davids beginnt damit, dass er in Psalm 51 seine Schuld anerkennt und sie beim Namen nennt – Vers 5:  Ich erkenne meine Vergehen, und meine Sünde ist mir ständig vor Augen. Und mit dieser drückenden Schuldenlast wendet sich David an Gott, an die höchste Autorität in seinem Leben. Er erklärt nichts, er rechtfertigt nichts, er sagt Gott, was Sache ist – Vers 6:  Gegen dich allein habe ich gesündigt, ja, ich habe getan, was in deinen Augen böse ist.

Und dann – und dann erst – wendet sich Davids Blick. Weg von dem, was passiert ist und was David nicht mehr ändern kann. Hin zu dem, was in Zukunft werden soll. David bittet Gott um Erneuerung, angefangen bei seinem innersten Ich, das im hebräischen Denken im „Herz“ verortet wird. David wörtlich (Psalm 51,12): Erschaffe in mir ein reines Herz, o Gott, und gib mir einen neuen, gefestigten Geist. Schick mich nicht weg aus deiner Nähe, und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir. Lass mich wieder Freude erleben, wenn du mich rettest. Hilf mir, indem du mich bereit machst, dir gerne zu gehorchen.

So klingen Worte der Buße.

Am Beispiel Davids kann ich heute, viele Jahrhunderte später, lernen, was Buße wirklich ist: Im Gebet Gott als höchster Autorität des Lebens das benennen und bekennen, was war. Und im Gebet vor Gott um Hilfe bitten auf dem Weg in die Zukunft.

Und von David kann ich in Psalm 51 auch lernen, wie dieser Gott ist, der mich durch meine Buße begleitet: Reich an Gnade und großer Barmherzigkeit  – Vers 3. Ein Retter – Vers 16. Ein Gott, der ein zerbrochenes und verzweifeltes Herz nicht zurückweist – Vers 19.

Wenn Gott wirklich so ist – dann ist Buße am Ende nichts Bedrohliches.  Sondern eine Tür, die aus Schuld heraus führt in eine neue,  positive Zukunft.

Eine Tür, durch die auch Sie und ich heute gehen können.

 

(erschienen in der Sendereihe Wort zum Tag bei ERF Plus)

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