Gott nimmt, wer kommt

Es gehört zum Menschsein wie das Atmen: Das Abwägen von Vor- und Nachteilen. Die Fähigkeit, Zukunft abzuschätzen, Chancen und Risiken auszurechnen. Und unser Verhalten danach auszurichten.

Ob ich meinen Urlaub plane oder meine Kleidung nach dem Wetterbericht auswähle, wie ich meine Kinder erziehe oder Entscheidungen für meinen beruflichen Werdegang treffe, wie eine Regierung Steuern erhebt, anderen den Krieg erklärt oder Frieden sucht – all das fußt auf unserer menschlichen Fähigkeit, die künftige Entwicklung einzuschätzen und den größten eigenen Vorteil anzusteuern.

Und das tun Menschen auch immer wieder im Bereich der Religion, aller Religionen: Was muss ich tun, um „die Götter“ zu besänftigen? Wie muss ich opfern, beten, leben, damit ein guter Gott mich gut findet? Oder ein bedrohlicher Gott mich in Ruhe lässt?

Diese Frage ist auch Jesus begegnet, damals zur Zeit des Neuen Testaments. Im Lukasevangelium (Lukas 13) lese ich, wie Jesus seinen Freunden – und allen, die es hören wollten – erklärt, wie ihre Zukunftsaussichten für das Reich Gottes sind. „Reich Gottes“, das ist die Beschreibung von Jesus für ein rundum erfülltes Leben in Gottes Nähe. Ein Leben, das durch und durch geprägt ist von Gottes Güte und Zuwendung.

Keiner seiner Zuhörer will auf so ein positives Leben rundheraus verzichten. Aber berechnen wollen manche schon, was sie dafür aufgeben müssen: Lohnt es sich, Jesus? Was müssen wir dafür aufgeben? Wie können wir mit möglichst wenig Aufwand dabei sein und das Reich Gottes noch erleben? Ist Gott eher zurückhaltend, wen er in den Himmel lässt – oder stehen die Tore für alle weit offen? Jesus, wie genau stehen unsere Chancen?

Jesus aber verwehrt sich der Berechnung. In einer Beispielgeschichte erklärt er denen, die ihm zuhören: Gott geht es um euer aufrichtiges Herz, um euer ganzes Leben. Wer gegenüber Gott berechnet, taktiert und den eigenen Vorteil sucht, wird es schwer haben, das Reich Gottes zu erleben. Ihr könnt euch nicht die besten Plätze reservieren und ansonsten Gott auf Abstand halten. Nein, Gott nimmt vielmehr alle auf, die sich aufrichtig auf ihn einlassen. Wer auch immer sie sind, und woher auch immer sie kommen.

Jesus wörtlich in Vers 29:

Und es werden kommen von Osten und von Westen, von Norden und von Süden, die zu Tisch sitzen werden im Reich Gottes. Und siehe, es sind Letzte, die werden die Ersten sein, und sind Erste, die werden die Letzten sein.

Von Osten und von Westen, von Norden und von Süden – das sind nicht die im Zentrum. Nicht die in Jerusalem. Nicht die, die sich in der Nähe des Tempels bewegen. Jesus macht mit dieser Formulierung klar: Gott hat keine Lieblinge. Gott macht nicht vorab mit denen die Sache klar, die sich besonders religiös zeigen. Gott nimmt, wer kommt. Und wenn es in euren Augen die Letzten sind, die ihr euch vorstellen könnt – sie werden die ersten sein, die ins Reich Gottes gelangen, sagt Jesus.

Denn Gott verwehrt sich meiner menschlichen Berechnung. Er will mein aufrichtiges Herz.

1 Antwort
  1. Hans-Jürgen Dörrich

    Auf der sicheren Seite zu sein, ist ein verständliches menschliches Bedürfnis. Jesus lenkt den Blick von unserer eigenen Zukunftsangst auf unsere Mitmenschen: es werden jene aus Osten und Westen, aus Norden und Süden sein, die ganz sicher mit ihm im Reich Gottes zu Tisch sitzen. Die Antwort Jesu zeigt uns seine Blickrichtung und das, was ihm wichtig ist. Teilen wir diesen Blick und wie machen wir ihn zum Kompass unseres Handelns?

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