Theologie im Fitnessstudio

Wenn der Körper schwitzt, ist der Geist frei – die besten Ideen hat man manchmal an den abstrusesten Orten.
Gestern abend im Fitnessstudio habe ich eine Predigt von Tim Keller gehört, von der mir ein paar Gedanken über den Zusammenhang von Glaube und Denken noch nachgegangen sind. Keller sagt, damit ein Mensch letzten Endes wirklich sagen kann, dass er im christlichen Sinn glaubt, braucht es drei Schritte: Understanding, Conviction, Commitment – Verstehen, innere Überzeugung, Hingabe/Selbstverpflichtung/Entschluß.
Diese „Glaubensgleichung“ finde ich sehr griffig:

Glauben = Verstehen + Überzeugung + Entschluß

Als kostenlose Draufgabe noch zwei eigene Gedanken zum Weiterdenken:
1. Zusammen sprechen die drei Elemente den Menschen in seiner Ganzheit an. Verstehen entsteht im Kopf, Überzeugung berührt Herz und Emotionen, Entschluß fordert unseren Willen heraus. Wer andere Menschen zum Glauben einlädt in dem er ein Element über die beiden anderen stellt (entweder „rationales Verstehen“, „Gefühl“ oder die „reine Willensentscheidung“), der sät letztlich halbe Christen.  Ein gesunder, nachhaltiger, tragfähiger Glaube wird auf allen drei Ebenen gesät werden müssen und auch wachsen müssen.
2. Zu verschiedenen Zeiten der Kirchengeschichte hat die Gemeinde Jesu verschiedene Elemente dieser Gleichung besonders betont. War es früher die Willensentscheidung und später die rationalen Argumente, ist es heute eher die innere Überzeugung, die wir oft (zu oft?) an Emotionen festmachen.
Mit hilft diese Glaubensgleichung, Themen wie „Bekehrung“ ausbalanciert zu betrachten und mich in meiner eigenen geistlichen Reise nicht auf ein Element zu fokussieren und betriebsblind für die beiden anderen zu werden.
Nicht schlecht für einen Abend beim Sport. Man sollte einfach öfter ins Fitnessstudio gehen.

0 Response
  1. Rainer

    „Mens sane in corpore sana“ sagt der Lateiner.
    Wird die Predigt dann zum Mantra auf dem Laufband? Schon ungewöhnlich. Aber vielleicht könnte ich so auch beim Sport Sprachen lernen statt nur Musik zu konsumieren.

  2. Ich bin zwar nicht so athletisch, meine Bewegungen beschränken sich aufs Gehen (und Tippen), doch auch dabei lässt sich gut nachdenken.
    Wie jede Art von Wesen eine Kraft besitzt, so ist die Kraft, die zum Geist, dem Wesen des Selbst gehört, diejenige des Denkens, Fühlens und Wollens. Diese drei sind in der einfachsten Form von Bewusstsein vorhanden. So wie wir gewiss sind, dass wir existieren, sind wir gewiss, dass wir denken, fühlen und wollen. Wir kennen uns selbst nur als denkend, fühlend und wollend und sind daher überzeugt, dass diese Fähigkeiten wesentliche Kennzeichen eines Geistes sind und zu jedem Geist gehören.
    Da die verschiedenen Aspekte der menschlichen Persönlichkeit zusammen eine Einheit bilden, und diese Einheit das Analogon derjenigen Einheit ist, die das Wesen oder die Persönlichkeit Gottes ausmacht, folgt daraus, dass kein Aspekt menschlicher Persönlichkeit einen höheren metaphysischen Stand besitzt als ein anderer. Damit wird aber nicht geleugnet, dass es einen ökonomischen Vorrang gibt. Der Wille des Menschen funktioniert nicht, es sei denn, er weiß, im Zusammenhang womit er funktionieren soll. Der Mensch muss die Wahrheit wissen, wenn er mit seinem Willen und seinen Emotionen darauf reagieren soll.
    Das lässt sich mit einem Vergleich veranschaulichen. Im Falle Gottes ist es üblich, zwischen der ontologischen und der ökonomischen Trinität zu unterscheiden. Reformierte Theologen haben darauf bestanden, dass der Sohn und der Geist ontologisch, d.h. im vollsten Sinne ihres Seins, mit dem Vater auf einer Stufe stehen. Mit gleichem Nachdruck lehrten sie, dass es einen ökonomischen Vorrang des Vaters über die anderen beiden Personen der Trinität gibt. Alle Werke Gottes im Hinblick auf das Universum gehen vom dreieinen Gott als Einheit aus, auch wenn sie einen ökonomischen Vorrang des Vaters zeigen. Ähnlich sind alle Bereiche der menschlichen Persönlichkeit, was ihr Wesen betrifft, auf gleicher Stufe. Das muss so sein. Jeder Bereich des menschlichen Wesens ist gleich nah und gleich fern von Gott. Da sich im Paradies die gesamte erschaffene menschliche Persönlichkeit bereitwillig Gott unterordnete, ist der Vorrang des Intellekts vor dem Willen und den Gefühlen eindeutig ökonomischer, nicht wesensmäßiger Natur. Man kann sagen: Ein Bereich des Geschöpfes führt oder leitet die anderen, doch nur in dem Sinne, wie eine Person eine andere im Gehorsam gegenüber einem gemeinsamen Herrn leitet. Dieses Verhältnis wurde von reformierten Theologen mit dem Gedanken des Bundes ausgedrückt.

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