„Alles hat zwei Seiten“, weiß der Volksmund, und Gott hat sie auch, die zwei Seiten. Zumindest wenn es darum geht, Gott zu begegnen, ihn zu erkennen wie er wirklich ist. Genau das ist der Wunsch, den Mose vor tausenden von Jahren auf dem Berg Sinai äußert (2. Mose 33,18):
Lass mich deine Herrlichkeit sehen!
Aber kein sterblicher, fehlerhafter Mensch kann Gottes heiliges Angesicht sehen – und es überleben. Gott macht damals für Mose das Maximum dessen möglich, was für Menschen damals möglich war:
Mein Angesicht kannst du nicht sehen; denn kein Mensch wird leben, der mich sieht. Und der Herr sprach weiter: Siehe, es ist ein Raum bei mir, da sollst du auf dem Fels stehen. Wenn dann meine Herrlichkeit vorübergeht, will ich dich in die Felskluft stellen und meine Hand über dir halten, bis ich vorübergegangen bin. Dann will ich meine Hand von dir tun und du darfst hinter mir her sehen; aber mein Angesicht kann man nicht sehen.
Mose durfte die Rückseite Gottes sehen – und selbst das reichte aus, dass seine Haut „glänzte, weil er mit Gott geredet hatte“ (2. Mose 34, 29).
Über viele Jahrhunderte ist niemand Gott mehr so nahe gekommen, wie Mose. Bis Gott selbst seinen Menschen eines Tages seine Vorderseite zuwendet. Ihnen nahe kommt. Sein Angesicht zeigt. So heißt es zu Anfang des Hebräerbriefs im Neuen Testament:
Nachdem Gott vorzeiten vielfach und auf vielerlei Weise geredet hat zu den Vätern durch die Propheten, hat er in diesen letzten Tagen zu uns geredet durch den Sohn.
Was für Mose unvorstellbar war, wird nun Realität: Gott zeigt uns Menschen sein Gesicht, in seinem Sohn, in Jesus Christus. Gott hat ein Gesicht, und es ist ein Gesicht der unverdienten Gnade, des liebevollen Erbarmens, der verliehenen Gerechtigkeit.
Jesus macht es durch Kreuzigung und Auferstehung möglich, dass wir Gott ins Gesicht schauen können – und doch nicht vergehen müssen. Nirgendwo können Menschen Gott so nahe kommen, wie in der persönlichen Begegnung mit dem auferstandenen Jesus. Wer diese Begegnung erlebt hat und immer wieder erlebt, der glänzt.
Nicht unbedingt auf der Haut – aber dafür mit dem ganzen Leben.