Glaube im Gegenwind

Für wen mache ich das eigentlich? Woher soll ich die Kraft dafür nehmen? Ich halte diese Umstände nicht mehr aus! Kennen Sie solche Seufzer, Fragen, Zweifel? Kennen Sie diese Zeiten, wenn das Ziel verschwimmt, die Kraft nicht reicht, die Umstände bedrückend sind?
Ich kenne solche Situationen. Manchmal begegnen sie mir genau dann, wenn ich versuche, die Dinge gut zu machen. Das richtige zu tun. Manchmal genau dann, wenn ich das tue, was Gott möchte. Warum lässt Gott das zu? Warum lässt er es zu, dass ich die Perspektive verliere? Dass meine Kraft schwindet? Warum verhindert er nicht, dass die bedrückenden Umstände  scheinbar übermächtig bedrückend werden?
Ich glaube, eine solche Erfahrung und solche Fragen kennt jeder, der Jesus nachfolgt und der dabei ehrlich zu sich selbst ist: Warum, Gott? Wie soll ich damit klar kommen?
Der Apostel Paulus hat solche Zeiten oft am eigenen Leib erlebt. Oft setzt er sich bis zur Belastungsgrenze ein für die Gute Nachricht von Jesus. Er bereist den Mittelmeerraum, predigt, gründet Gemeinden, schreibt viele Briefe und damit einen großen Teil des Neuen Testaments. Das Christentum breitet sich rasant aus. Für Paulus persönlich allerdings ist es alles andere als ein ständiger Siegeszug.
Der Apostel schreibt im vierten Kapitel des zweiten Korintherbriefes sehr ehrlich über bedrückende Umstände und wie kraftlos er in seinem Dienst für Gott ist. Dabei sucht Paulus nicht das Mitleid seiner Adressaten in Korinth. Nein, er möchte sie viel mehr ermutigen.
Paulus‘ Kernsatz steht dabei in 2. Korinther 4, 16: „Darum werden wir nicht müde; sondern wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert.“
Der äußere Mensch – er steht für meine menschlichen Absichten, meine Ausdauer und Kraft, meine Klugheit und mein Wissen. Der äußere Mensch ist der, wo mein Bemühen zu Hause ist, mein Einsatz und meine Anstrengung. Dieser Mensch ist begrenzt – das ist Paulus völlig klar: „Wenn auch unser äußerer Mensch verfällt…“ Es ist eine Gegebenheit in dieser Welt, dass die eigene Kraft nicht reicht für alle Situationen des Lebens. Auch nicht bei Leuten, die Jesus nachfolgen. Auch nicht bei Leuten, die direkt im Auftrag Gottes unterwegs sind.
„Der äußere Mensch verfällt“ – bliebe Paulus bei dieser Feststellung stehen, wäre das nur eine halbe Ermutigung. Die Ermutigung besteht vielmehr darin, dass wir mit unserem „äußeren Menschen“ nicht alleine sind. Wenn auch der äußere Mensch verfällt – so gibt es doch den „inneren Menschen“, der „von Tag zu Tag erneuert wird“.
Der innere Mensch – er steht für den Teil meiner Persönlichkeit, in den der Geist Gottes seinen übernatürlichen Trost hinein spricht. Der Teil, der inmitten bedrückender Umstände den Frieden Gottes empfinden kann. Der Teil, der die innere Gewissheit empfangen kann, dass Jesus mich nicht verlassen hat. Dieser „innere Mensch“ wird von Tag zu Tag erneuert. Er verfällt nicht. Wie auch immer die Umstände sein mögen, wie wenig menschliche Kraft auch immer übrig ist – der „innere Mensch“ bleibt für einen Christen immer die offene Andockstelle für Gottes Gnade, seine Kraft und seine Gegenwart.
Darum werden wir nicht müde“, schreibt Paulus. Hätte er ein Lineal gehabt, er hätte das „Darum“ dick unterstrichen. Das ist die Ermutigung für Zeiten der Kraftlosigkeit, das ist die christliche Hoffnung in scheinbar ausweglosen Situationen: Wer sein Leben Gott anvertraut hat, kann in bedrückenden Umständen erleben: Gott ist bei mir. Ich bin nicht von meiner begrenzten Kraft abhängig, sondern ich darf von seiner unbegrenzten Kraft leben, jeden Tag neu.
(erschienen in der Sendereihe Wort zum Tag bei ERF Plus)

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