Regel Nummer 1

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Vor ein paar Jahren habe ich von einem Firmenchef gelesen, der für alle seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter je einen Satz aufgeschrieben hat, was er von ihnen erwartet. Nur einen Satz. Keine langen Aufgabenbeschreibungen, keine Strategiepapiere, keine Zielvereinbarungen. „Falls ich morgen mit dem Auto gegen einen Baum fahre“, erklärte der Unternehmer jedem Einzelnen, „ist hier die eine Sache, die du tun solltest. Wenn du dich daran hältst, wird alles am Ende gut werden.“ Und dann gab er ihnen jeweils einzeln diesen einen Satz. Die persönliche Regel Nummer 1.

„Die am einfachsten zu bedienende Software in unserer Branche entwickeln“, könnte einer diese Sätze lauten. Oder „Begeisternde Veranstaltungen organisieren, deren Besucher jedes Jahr wiederkommen“.

Ich finde das interessant, gerade in unserem oft doch so überregulierten Land: Keine langen Vorschriften, keine komplizierten Aufgabenstellungen. Stattdessen einfach eine Leitlinie, nach der ich mich richten kann. Einen Satz, der das wichtigste festschreibt und mir darüber hinaus Freiheit und Verantwortung zutraut. Eine Regel Nummer 1, die mir sagt: So ist es im Sinne des Chefs.

Gibt’s das eigentlich auch bei Gott? Eine Regel Nummer 1?

Ich fürchte, viele Menschen empfinden den christlichen Glauben als ein kompliziertes Geflecht von Geboten und Verboten, von Traditionen und Zwängen – so kompliziert, dass man Experte sein muss, um das mit dem Glauben richtig hinzukriegen. Oder aber sich von Experten abhängig machen muss.

Das ist schade, denn es gibt tatsächlich eine Regel Nummer 1. Jesus wurde mal danach gefragt, und wir finden seine Antwort im Neuen Testament, im Matthäus-Evangelium, Kapitel 22. Einer der damaligen religiösen Experten, ein „Lehrer des Gesetzes“, wie Luther übersetzt, fragt Jesus (Matthäus 22, 36): „Meister, welches ist das höchste Gebot im Gesetz?“

Sein Motiv hinter der Frage des Gesetzeslehrers war, Jesus kritisch zu hinterfragen. Er wollte Jesus auf die Probe stellen. Was hat Jesus geantwortet?

Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt. Dies ist das höchste und erste Gebot. Das andere aber ist dem gleich: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« In diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.

 Es gibt im Glauben eine Regel Nummer 1, sagt Jesus. Es gibt die eine Sache, die Gott wichtiger ist als alles andere. Genauer gesagt: Zwei Sachen. Zwei gleichwertige Gebote, die zusammen Regel Nummer 1 sind für alle, die Gott vertrauen wollen. In dieser Regel Nummer 1 „hängt das ganze Gesetz und die Propheten“, sagt Jesus, das heißt: Alles andere sind Ableitungen und Ausführungen und Anwendungen dieser einen Regel Nummer 1.

Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.

Das ist eine Leitlinie Gottes, nach der ich mich richten kann. Ein Satz, mit dem Gott mir Freiheit und Verantwortung zutraut. Es ist die Regel Nummer 1, die mir sagt: So ist es im Sinne des Chefs.

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