Man kann die beste Botschaft mit bester Absicht völlig unverständlich machen. Man kann die Gute Nachricht so kommunizieren, dass sie weder als gut noch als Nachricht rüberkommt. Ich habe es heute selbst gesehen.
Bin mit dem Auto an einem Großflächenplakat vorbeigekommen, auf dem in riesigen Lettern der Satz von Jesus zu lesen steht: „Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“ (aus Markus 1,15). Wer sich schon mehr oder weniger ausführlich mit der Bibel beschäftigt hat, weiß was da gemeint ist. Wer einfach an dem Plakat vorbeikommt, ziemlich sicher nicht.
Fangen wir mit dem sperrigsten Begriff an: „Evangelium“. Wenn Leute heute überhaupt noch wissen, was damit gemeint ist, dann verstehen sie „Evangelium“ als „Geschichten über Jesus“. Sind das nicht die vier „Evangelien“, die Geschichten über Jesus, wie sie Matthäus, Markus, Lukas und Johannes aufgeschrieben haben? „Kehrt um und glaubt an die Geschichten über mich“ – das hat Jesus wohl kaum gemeint vor 2000 Jahren – denn für seine Zuhörer damals waren die „Geschichten über Jesus“ ja noch gar nicht aufgeschrieben worden.
Und dann „Kehrt um“ – Umkehren tun die meisten Menschen heute, wenn sie ihren Schlüssel zu Hause vergessen haben. Oder ihr Handy im Auto. Oder das Lieblingskuscheltier der Tochter in der Ferienwohnung. Wenn ich mit „Umkehr“ eine Neuausrichtung meiner bisherigen Lebensprioritäten und Werte verstehen soll, muss man mir das auch so sagen.
Schließlich das „glaubt“ – inwiefern kann mich jemand zum Glauben auffordern? Woran? An wen? (das „Evangelium“?) Alles was von diesem Plakat heute noch hängenbleibt, ist ein diffuses „ich sollte glauben“. Strengen wir uns also an, pressen wir unseren Glaubensmuskel mit aller Kraft zusammen und …. aaaaargh … glauben ein bisschen intensiver?
Ich fürchte – von der guten Absicht dieser guten Botschaft auf dem Plakat kommt bei 95% der Zeitgenossen nur der folgende Satz an:
****** ** und *** an das **********!
Ich werde den Gedanken nicht los: gelingende, wirksame, lebensverändernde Kommunikation geht anders.
Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass ich von dem Großflächenplakat gerne mal ein Foto sehen würde… das macht es glaubhafter.
Hab im Netz keins gefunden. Wenn ich das nächste Mal vorbeifahre, schicke ich dir eine Aufnahme.
Ich habe es auch gesehen und die gleichen Gedanken gehabt.
Die Plakatmissionsgeschichten finde ich oft abenteuerlich. Kenne da auch so etwas von der TU Dortmund (nicht von der SMD). Am besten ist so ein „Katalog“ dabei, in dem genau steht, welche Dinge ein Christ nicht tun darf.
Kreative und einladende Werbung für ein Leben mit Jesus ist schon eine Herausforderung im täglichen Leben, wenn mehr Rede- und LEbenszeit zur Verfügung steht. Plakativ gelingt das offensichtlich erst recht nicht.
Eine Spur für eine ansprechende Produkt- bzw. Plakatwerbung hat Dr. Michael Gerharz auf seinem Blog gezeigt: „Du siehst, was du nicht siehst“ – http://ueberzeugend-praesentieren.de/blog/du_siehst_was_du_nicht_siehst.html.
Coole Ideen haben immer die Jungs von gott.net, finde ich.
Ich denke das theologische Grundverständnisproblem ist, dass das NT nachösterlich geschrieben ist, aber vorösterliche Situationen schildert. So ist Evangelium ein schwer fassbarer Begriff. War gerade noch einmal bei Wikipedia (echt lesenswert!). Für mich ist Evangelium primär die Verkündigung des christlichen Glaubens (Ostergeschehens) und nicht die jüdische Messiaserwartung. Aber vielleicht kann mir mal jemand die Demarkationslinie zwischen Judentum und Christentum eindeutig aufmalen. Beginnt bei Johannes dem Täufer denn tatsächlich schon das Christentum oder steht der noch auf AT-Gebiet?