Was willst du, dass ich für dich tun soll?

Was willst du, dass ich für dich tun soll? – eigentlich eine Frage, die voll in eine Dienstleistungsgesellschaft passt. Sie wird – so oder so ähnlich – hunderttausendfach gefragt in Deutschland, jeden Tag. Von Friseuren, Ärztinnen, Blumenhändlern, Wurstverkäuferinnen und Mediamarktangestellten. Kann ich Ihnen helfen? Was darf’s denn sein? Was willst du, dass ich für dich tun soll?
Jesus hat das auch einmal gefragt: Was willst du, dass ich für dich tun soll?
Der, der da von Jesus gefragt wird, heißt Bartimäus, er ist blind – und er ist ein Bettler. Seine Geschichte wird im Neuen Testament so berichtet (Markus 10, 46-52):

Und sie kamen nach Jericho. Und als er aus Jericho wegging, er und seine Jünger und eine große Menge, da saß ein blinder Bettler am Wege, Bartimäus, der Sohn des Timäus. Und als er hörte, dass es Jesus von Nazareth war, fing er an, zu schreien und zu sagen: Jesus, du Sohn Davids, erbarme dich meiner! Und viele fuhren ihn an, er solle stillschweigen. Er aber schrie noch viel mehr: Du Sohn Davids, erbarme dich meiner!
Und Jesus blieb stehen und sprach: Ruft ihn her! Und sie riefen den Blinden und sprachen zu ihm: Sei getrost, steh auf! Er ruft dich! Da warf er seinen Mantel von sich, sprang auf und kam zu Jesus. Und Jesus antwortete und sprach zu ihm: Was willst du, dass ich für dich tun soll? Der Blinde sprach zu ihm: Rabbuni, dass ich sehend werde.
Jesus aber sprach zu ihm: Geh hin, dein Glaube hat dir geholfen. Und sogleich wurde er sehend und folgte ihm nach auf dem Wege.

Was willst du, dass ich für dich tun soll? – auf den ersten Blick eine blöde Frage, um sie einem blinden Bettler zu stellen. „Na was wohl“, hätte ich angeantwortet, „natürlich dass ich wieder sehen kann!“.
Hätte ich das wirklich geantwortet?
Bartimäus bekommt auch ohne Augenlicht mit, wer da durch seine Straße zieht. Jesus von Nazareth, der Typ von dem die Leute sagen, dass er der seit Jahrhunderten versprochene Retter sein könnte. Der Typ von dem sie sagen, dass er Kranke gesund machen kann. Der Typ, der sich nicht zu schade ist, mit den Schwachen, Entrechteten und Ausgestoßenen der Gesellschaft zu Abend zu essen. „Jetzt oder nie“, scheint sich Bartimäus gedacht zu haben, und er wirft die ganze Tragödie seiner Existenz in seine Stimme: Jesus, du Sohn Davids, erbarme dich meiner!
Bartimäus erlebt das erste Wunder – Jesus von Nazareth, der Sohn Davids, bleibt stehen und lässt Bartimäus rufen (vermutlich nicht, weil er zu faul war auf ihn zu zu gehen, sondern um die Umstehenden zu Helfern des Guten zu machen, nachdem sie vorher versucht hatten, Bartimäus zum Schweigen zu bringen). Und dann hört Bartimäus diese Frage:
Was willst du, dass ich für dich tun soll?
Jesus geht es bei der Frage nicht um Information. Er sieht, dass Bartimäus als Bettler lebt. Er weiß, dass Bartimäus blind ist. Er hört, dass Bartimäus um Hilfe schreit. Was willst du, dass ich für dich tun soll? – die Frage zielt viel mehr auf den Glauben von Bartimäus. „Wenn du dich an mich wendest, Bartimäus – wie groß ist dein Glaube? Glaubst du dass ich dich höre? Glaubst du ich dich aus deinem Bettlerdasein erlöse? Glaubst du, dass ich dich wieder sehend machen kann? Wie groß ist dein Glaube?“
Was willst du, dass ich für dich tun soll? – Das Maximum, antwortet Bartimäus. Alles was geht. Das größte, was ein allmächtiger Gott für mich tun kann. „Dass ich sehend werde“.
Was hätte ich geantwortet? Was antworte ich heute, wenn ich mich an Jesus wende? Was will ich, dass er für mich tun soll? Bin ich zufrieden mit der Gewissheit, dass er mich hören kann? Suche ich die Optimierung meiner täglichen Lebensqualität? Oder glaube ich, dass Gott das Maximum für mich tun kann – das, wofür weniger als ein Wunder niemals ausreichen würde?
Was willst du, dass ich für dich tun soll? Wie groß ist dein Glaube?
Ja – Jesus ist der Herr des Himmels und der Erde, und mein Glaube „zwingt“ ihn nicht dazu, irgendetwas zu tun oder zu lassen. Und doch bindet sich derselbe Jesus mit der Frage „Was willst du, dass ich für dich tun soll?“ daran, wie viel ich von Gott erwarte. Kann es sein – und dieser Gedanke lässt mich nicht los, wenn ich an Bartimäus denke – kann es sein, dass ich deshalb wenig wirklich Wunderbares erlebe, weil ich mich mit wenig Glauben zufrieden gebe? Weil ich auf die Frage „Was willst du, dass ich für dich tun soll?“ lieber antworte: „Ach, es ist nichts Herr, kaum der Rede wert. Wollte dich nicht belästigen. Wir können ja später nochmal sprechen…“?
Was willst du, dass ich für dich tun soll?

2 Antworten
  1. Toni

    Wow, danke.
    Habe gerade eine Antwort von Gott gesucht, die Bibelstelle und deine Auslegung…
    Ich: Was willst du, das ich mache? –> Gott: Was willst du, das ich für dich mache?

  2. Gisela

    Gisela,
    Ich denke nicht nur der Glaube ist der Grund, sondern auch, dass es einen ganz anderen Stellenwert einnimmt, wenn jemand selbst sagt was er will, wie wenn man es ihm “aufdrängt“.
    Das ist im normalen Leben auch so, es ist ein großer Unterschied, ob jemand um Rat bittet oder ob man ihm diesen einfach über stülpt bzw. Etwas für denjenigen tut ohne zu fragen.

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