Wenn Gott sich mit dir anlegt

Gerangel auf dem Pausenhof. Die Bullies aus der 7a und 7b sind aneinander geraten – mal wieder. Imponiergehabe, Beleidigungen, Drohungen auf beiden Seiten. Wer ist der Coolste, der Stärkste auf dem Hof? Mittendrin, eingeschüchtert, stehen die kleineren Mitschüler. Die schüchternen. Die eigentlich nur ihre Pause wollen.

Solche Szenen gibt es nicht nur in der Schule. Unsere Gesellschaft, Politik, Sport, Unternehmen, Gewerkschaften, und – ja, auch Kirchen und Gemeinden – sind Bühnen für Machtkämpfe im Ringen um die Frage: Wer ist der Größte, der Stärkste, der Wichtigste? In den Augen der Machtbewussten sind die Schüchternen, Schwachen, die „Kleinen“ bestenfalls Zuschauer und Verfügungsmasse.

Was für eine Selbsttäuschung!- sagt Jesus. Im Matthäusevangelium in Kapitel 18 wird beschrieben, wie Jesus einmal in so eine Pausenhof-Situation hineingerät. Seine eigenen Jünger hatten sich gestritten, wer von ihnen in Gottes Augen wohl der Größte, der Frömmste, der Bedeutendste sei.

Jesus grätscht ihnen dazwischen. Er nimmt die vermeintlich unbedeutendste Person, in der Nähe die er in dem Moment herbeirufen kann – ein Kind – und stellt es vor sich, in die Mitte der Auseinandersetzung der Alphatiere. Dann weist er die Streithähne zurecht: „Wenn ihr Gott nicht so demütig und schwach gegenübertretet wie dieses Kind, habt ihr im Himmel nichts verloren!“

Damals, zur Zeit Jesu, wurden Kinder von der Gesellschaft deutlich weniger beschützt und behütet als heute. Sie wurden eher behandelt wie kleine Erwachsene, die man halt noch nicht für voll nehmen kann. Indem Jesus also ein Kind in die Mitte stellt, macht er unmissverständlich klar: Gott achtet nicht auf die selbst vermutete Größe, Frömmigkeit und Bedeutung von Menschen. Sondern darauf, wie demütig und empfangsbereit jemand seine Hoffnung und sein Vertrauen auf Gott setzt. So wie dieses Kind.

Jesus stellt sich also demonstrativ auf die Seite der Schwachen. Und er droht den selbsternannten Starken: Wehe, wenn jemand von euch diese Kleinen verführt und ihnen ihre Hoffnung und ihr Gottvertrauen abspenstig macht! Wehe, wenn jemand von euch diese Kleinen in Gedanken verachtet! Der kriegt es mit mir zu tun!

Selten spricht Jesus im Neuen Testament so dichtgedrängt von der Hölle und Strafe und Verderben wie in diesen Sätzen. Mit ihrem Gerangel um Macht und Bedeutung und Dominanz haben die Jünger bei Jesus eine vehemente Reaktion ausgelöst. In seinen Worten spürt man geradezu das beschützende Vaterherz Gottes für alle die Menschen, die ihm demütig vertrauen.

Jesus lässt keinen Zweifel daran:  Es sind gerade diese Menschen – die, die in den Augen der Starken schwach sind und schüchtern und unbedeutend – die in der unsichtbaren Welt ganz nahe dran sind an der Gegenwart und Zuneigung Gottes. Jesus in Matthäus 18,14 wörtlich:

Es ist nicht der Wille bei eurem Vater im Himmel, dass auch nur eines von diesen Kleinen verloren werde.

Bei Gott zählt nicht das Recht des Stärkeren. Im Gegenteil: Gott tut alles, um die Tür zum Himmelreich, in seine Gegenwart, offen zu halten für die, die in ihrer Schwäche auf ihn hoffen und ihm vertrauen. Und dazu legt Gott sich mit allen an, die auf der Bühne des Lebens danach streben, auf Kosten anderer die Größten, die Stärksten, und die Wichtigsten zu sein.

Gott nimmt die Mächtigen in die Pflicht und gibt den Machtlosen Hoffnung. Ich finde, das ist für beide eine gute Nachricht.

 

(erschienen in der Sendereihe Wort zum Tag bei ERF Plus)

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