Die Zukunft von Social Media

„Wohin wird das noch führen?“ ist eine der Fragen, die ich zur Zeit am häufigsten höre, wenn über Social Media diskutiert wird. „Wird sich das durchsetzen?“, „Ist das nicht alles nur ein Hype“ – diese Fragen sind längst beantwortet, angesichts fast 700 Millionen Facebook-Nutzern weltweit und einem geschätzten Marktwert von 100 Milliarden US-Dollar. Keine Nachrichtensendung im Fernsehen, die ohne Verweis auf Facebook, Twitter oder irgendein anderes Web 2.0-Mitmachmedium auskommt.
Wohin wird das also noch führen? Welche Trends zeichnen sich für die nächsten Jahre ab? Wie sieht die Zukunft von Social Media aus?
Vermutlich kann kein Mensch die technische und damit zusammenhängende gesellschaftliche Entwicklung weiter als etwa ein bis zwei Jahre nach vorne abschätzen. Auch die großen Player wie Apple, Facebook oder Google werden mit schöner Regelmäßigkeit vom Erfolg (oder Mißerfolg) ihrer Ideen überrascht. Aber einige Fragen lassen sich identifizieren, die in Bezug auf Social Media beantwortet werden müssen. Der Internet-Philosoph Soren Gordhammer fast sie so zusammen:

  1. Wie können wir dauerhaft vernetzt leben, ohne dauerhaft abgelenkt zu sein?
    Bill Keller, der scheidende Chefredakteur der New York Times (der übrigens von einer äußert internet-affinen Nachfolgerin abgelöst wird), bezeichnet Social Media als „aggressive Ablenkungsfaktoren“. Ja, … einen Moment… kriege gerade einen Tweet rein… ja, da ist was dran. Wer dieses Problem lösen kann, wird in der Social Media-Zukunft die Nase vorn haben.
  2. Wie können wir aus den vielen Impulsen das herausfiltern, das für uns die größte Relevanz besitzt?
    Twitter, Facebook und andere versuchen bereits Algortithmen zu entwickeln, die für den Nutzer bestimmen, welche Information für ihn relevant sein dürften und welche nicht. Allerdings sind diese Mechanismen bislang alles andere als transparent: Weiß ich dabei wirklich, was ich alles nicht weiß?
  3. Wieviel Social Media verkraften wir überhaupt?
    „Der Mensch ist für solche Geschwindigkeiten der Fortbewegung doch gar nicht ausgelegt“, klagten die ersten Bahnpassagiere zu Beginn des Eisenbahnzeitalters angesichts der damals unvorstellbaren Geschwindigkeiten von fast 30 km/h. Und heute klagen wir über die Flut an Tweets, Status Updates, SMS, E-Mails, Empfehlungen, Bewertungen, … – wie viel Social Media ist noch sozial verträglich?

Eine Frage hat Gordhammer noch vergessen, finde ich: Wie gehen wir mit der wachsenden Kluft um zwischen dem Teil unserer Gesellschaft, der Social Media mehr oder weniger intensiv nutzt – und dem anderen Teil, der sich entschieden hat, an dieser medialen Entwicklung nicht (mehr) teilzunehmen? Kommt nach der digital divide die social media divide?

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  1. Gute Fragen.
    „Kommt nach der digital divide die social media divide?“
    Glaube ich eher nicht. Es gibt aber eine Bildungs-Kluft in den westlichen Gesellschaften und an dieser Grenzlinie wird sich auch langfristig die Social-Media-Nutzung scheiden. Je weniger Bildung, desto weniger Social-Media-Beteiligung, behaupte ich. Wäre allerdings noch an irgendwelchen Zahlen zu verifizieren.
    LG,
    Rolf

  2. Grace

    Hallo Jörg,
    ich frage mich das auch. Bei allen anderen medialen Errungenschaften der letzten 50-70 Jahren konnte man sich entscheiden, außen vor zu bleiben, ohne groß Einschränkungen in Kauf nehmen zu müssen. Gut ein Telefon hat heute so gut wie jeder, aber ohne TV kann man gut leben.
    Beim Internet bin ich mir zukünftig da nicht so sicher. Und der springende Punkt ist meines Achtens dabei nicht die Bildung, sondern zum einen das Alter und zum anderen die Einstellung.
    Was, wenn ich bei Facebook und Co oder Cloud Computing nicht mitmachen will, es aber muss, weil die technischen Gegebenheiten oder mein Arbeitgeber es verlangen?
    Aus diesem Grund finde ich es wichtig und gut, dass über diese Sachen jetzt diskutiert wird und ein Bewusstsein dafür entsteht. Vielleicht schaffen wir es so, gangbare Wege für alle zu finden.
    Und vielleicht, vielleicht – das ist immer noch meine Hoffnung – wird auch diese Suppe nicht so heiß gegessen, wie sie gekocht wird….

    1. pixelpastor

      @Grace: Bei „allen Errungenschaften konnte man sich entscheiden“ – ehrlich? In vielen Gegenden kommt am um ein Auto nicht drumherum. Telefon wie du schon sagst auch nicht. Was ist mit einem Girokonto? EC-Karte? Private Altersvorsorge? Ich kann verstehen, wenn man etwas nicht nur deshalb machen will, weil es alle machen. Andererseits ist alles in Gesellschaft und Kultur irgendwann mal so entstanden: Weil es alle gemacht haben.

    1. pixelpastor

      Mein Respekt gehört den Amish – aber eine Auswirkung in der Gesellschaft haben sie so gut wie nicht. Wie auch, wenn man sich zurückzieht und eine Parallelgesellschaft gründet?

  3. Rainer

    pixelpastor, social media ist doch letztlich auch eure große platftorm für mission & co.. warum wird das hier so negativ dargestellt? ihr seht euch doch auch irgendwo als avantgardisten hier, oder?

  4. Rainer

    ich geh mal von der sehr interessanten sendung „generation facebook“ aus, die vor über einem jahr mit jürgen werth im rahmen der „wartburg-gespräche“ gesendet wurde. da war der tenor doch eher mehr last als lust mit social media. nicht von michael gerster aus, aber von den anderen teilnehmern. bist du mein freund oder nicht, klick yes/no. und wenn ja, welche freundschaft ist das. du stellst uns ja immer viel material zur verfügung, frage mich oft, an wen du dabei primär als verwerter denkst (den berufsmensch, den leiterschaftsmann oder den allgemein politisch, theologisch oder sonstig interessierten)

    1. pixelpastor

      @Rainer: Ich denke an niemand bestimmtes – ich schreibe von dem, was mir durch den Kopf geht und womit ich mich mehr oder weniger intensiv auseinander setze. Ist das nicht das Charakteristikum eines Blogs?

  5. Rainer

    Der Blog ist ein ich sage mal profan großer Gemischtwarenladen mit Berufsbekleidung, Lebensmitteln und Freizeitartikeln, Pixelpastor! Aber das ist ja vielleicht Herrn Barela oder anderen amerikanischen Vorbildern nachempfunden. Brian konnte mir sein Team-Change-Modell leider auch nicht so richtig erklären. Ich hatte schon Problem mit der Bedeutung von Ministry. Aber ich bin auch Kaufmann und kein Kleriker.

    1. pixelpastor

      @Rainer: Wie wär’s, wenn du mal einen eigenen Blog anfängst und über Themen schreibst, die dich interessieren? Bei wordpress.com ist sowas kostenlos möglich. Das kriegst du hin.

  6. Rainer

    Danke für den Tipp. Will aber nicht so ein Webpolitiker werden. Am RheinAhrCampus in Remagen gibt es übrigens einen MBA „Leadership“. Das kriegst du bestimmt auch hin.

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