Jesus Binge Watching

Es gibt unzählige viele Bibelverfilmungen und Jesus-Filme – von denen viele eins gemeinsam haben: Das Sendungsbewusstsein der Macher ist regelmäßig größer als die Qualität der Produktion, die Überraschungen im Plot oder der Facettenreichtum der Charaktere. Und die Notwendigkeit, Genauigkeitsansprüche („Ist das auch bibeltreu?“) und Erwartungen einer bibelkundigen Klientel zu bedienen überwiegt regelmäßig den Mut, wirklich humorvolle Szenen, zeitgemäße Sprache oder vielschichtige Dialoge zu wagen.

Ausnahmen bestätigen die Regel – zu besichtigen und zu genießen bei „The Chosen„:

Keine filmische Chronologie über das Leben Jesu von der Krippe bis zum Kreuz, sondern eine Serie über die Begegnungen von Menschen mit Jesus, alle miteinander verwoben, eingebettet in ein äußerst lebendig inszsniertes kulturelles Setting aus dem ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung.

Dabei wirken die Charaktere für unsere heutigen Augen und Ohren sehr zugänglich – keine historisch-gestelzte Sprache, kein bleierner Ernst. Wenn Jesus in „The Chosen“ Menschen begegnet, das große Bild vom Himmelreich malt, in seiner übernatürlichen Kraft mitten in dieser Welt agiert – dann wirkt das im besten Sinn „normal“, intensiv, mit fast beiläufigen Gesten und alltäglichen Worten. Und immer wieder mit Humor – dabei kommen die besten Pointen oft vom Messias höchstpersönlich.

Innovativ ist auch das Distributionskonzept von „The Chosen“: Die Serie finanziert sich durch Crowd-Funding (die Serie ist kostenlos, aber Zuschauer können dafür spenden, dass andere Zuschauer sie ebenfalls kostenlos sehen können) und sie kann nur über eine (kostenlose) App angeschaut werden (iOS und Android).

„The Chosen“ ist noch nicht mit deutscher Synchronisation verfügbar, es gibt aber deutsche Untertitel zum  englischen Original. Leider existiert erst eine Staffel mit insgesamt acht Folgen. Die gute Nachricht: Die zweite Staffel ist in Planung.

Ein solches Konzept kommt selbstverständlich nicht ohne künstlerische Freiheiten und die Konstruktion von Zusammenhängen aus, die die biblischen Texte zwar zulassen aber nicht vorgeben. Die Serie kann und will trotz theologischem Fachbeirat keine Bibelauslegung sein oder ersetzen.

Wer von ernsten, kitschigen oder allzu bemühten Bibelverfilmungen genug hat und Sehnsucht nach einem frischen Blick in die Wirklichkeit der Evangelien, dem malt „The Chosen“ einen Jesus von Nazareth vor Augen, den ich als Christ aus meiner Jesusbeziehung kenne und wiedererkenne: Menschenzugewandt, lebensfroh, liebesmutig, tiefgründig, mit seinen Händen und Füßen bei den Menschen im Staub dieser Welt und gleichzeitig mit seinem Herz bei seinem Vater im Himmel.

Jesus Binge Watching mit „The Chosen“ – eine klare Empfehlung für die dunkle Jahreszeit oder die Adventszeit:

Zur Website von „The Chosen“

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