Corona-Demo: Antwort auf eine Anmaßung

Samstag in Deutschland. Rund 38.000 Menschen zieht es nach Berlin, um… wozu eigentlich? Um gegen die Maßnahmen der Bundesregierung zur Pandemiebekämpfung zu demonstrieren? Um die Welt vor den angeblichen Gefahren des Impfens zu warnen? Um der Bundesrepublik zu erklären, dass es sie gar nicht gibt?

Es geht selbstverständlich in Ordnung, mit Fakten und ja, auch mit Emotionen gegen die Pandemie-Politik der Bundesregierung zu demonstrieren. Aber das von Samstag ist etwas anderes. Die Anliegen auf den Schildern sind so unterschiedlich, dass sie letztlich austauschbar sind. Und damit in der Summe letztlich irrelevant. Man macht sich mit 37.999 anderen gemein, ohne viele tatsächliche Gemeinsamkeiten zu haben.

Außer einer vielleicht: Die eigene Empörung, das eigene Weltbild und der eigene Weltschmerz muss für manche Demonstranten so überzeugend sein, dass sie felsenfest glauben, die Mehrheit in Deutschland müsse auch so denken wie sie. Wenn diese Mehrheit doch nur richtig informiert wäre. Wenn man sie nur ließe. Wenn sie nicht von (der Regierung / den Mainstreammedien / Bill Gates / der Neuen Weltordnung / … – zutreffendes bitte ankreuzen) unterdrückt würde. Und so brüllen sie „Wir sind das Volk“ und „Lügenpresse“ und beanspruchen für sich – und nur für sich – das „Querdenken“ und „Selberdenken“.

Was für eine Anmaßung!

Und ich kann nicht anders, als ihr entgegen zu treten – als Naturwissenschaftler, als christlicher Leiter und als Bürger unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft:

Manche von euch haben sich daran gewöhnt, im Internet unter jeden Fachartikel einen Leserbrief zu setzen, ohne dass jemand vorher eure Fachkompetenz abgefragt hat. Und nun bildet ihr euch ein, ihr könntet euch für alles, was euer Interesse kitzelt, mal eben bei Youtube Kompetenz zusammenklicken?

Manche von euch haben sich daran gewöhnt, in den sozialen Netzwerken für jede noch so ausgefallene These Likes, Follower und Aufmerksamkeit zu bekommen. Und nun glaubt ihr tatsächlich, die Welt sei es euch schuldig, euch anzuhören?

Manche von euch haben sich daran gewöhnt, zu allen Bestellungen bei Amazon eure Kundenbewertung abzugeben. Und nun glaubt ihr ernsthaft, Meinungsfreiheit bedeute, die ganze Welt müsste eure Meinung unwidersprochen zur Kenntnis nehmen?

Manche von euch haben sich daran gewöhnt, sich selbst zu verwirklichen, ohne von Autoritäten und Institutionen hineingeredet zu bekommen. Und nun meint ihr allen Ernstes, eure persönliche Empörung und euer Weltbild und euer Weltschmerz würde maßgeblich darüber entscheiden, wie ein freiheitlich-demokratisches Gemeinwesen seine Gefahrenabwehr zu organisieren hat?

Manche von euch haben sich daran gewöhnt, eure eigene, postmoderne Wirklichkeit zu konstruieren. Und nun könnt ihr euch nicht mehr vorstellen, dass eine Pandemie ihren ganz eigenen naturwissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten folgt?

Und manche von euch, die ihr Christen seid, habt in euren Gemeinden immer zu höchster Vorsicht aufgerufen gegenüber „Irrlehrern“ und den „Zeitgeist“ – und nun fällt euch nichts besseres ein, als jegliche Besonnenheit über Bord und euch den schillerndsten Irrlichtern an den Hals zu werfen? Wo ist der „Geist der Kraft, Liebe und Besonnenheit“ geblieben (2. Timotheus 1,7)?

Ihr alle fühlt euch vielleicht frei – aber ich fürchte, ihr macht euch selbst zu Freiwild. Indem ihr denen Gefolgschaft schenkt, die ihre Bedeutung aus eurem Beifall beziehen. Indem ihr denen zahlenmäßigen und medialen Auftrieb verleiht, die euch anstacheln und aufwiegeln – um dann über euren Köpfen ihre rot-weiß-schwarzen Fahnen aufzuziehen.

Ich fürchte, im Gegensatz zu manchen von euch könnten diese Leute genau wissen, was sie tun.

16 Antworten
  1. Marcel Noa

    Wenn es nur so einfach wäre, wo sind die Mehrheiten naturwissenschaftlicher Gegendemonstranten, wo sind die Christen die sich einig sind? Was ist mit den ehrlichen Demonstranten, die sich Sorgen machen und die nichts für irgendwelche Mitdemonstranten können? Ist es nicht anmaßend, wenn wir alle mal eben gemeinsam verurteilen? Wäre das im Sinne Jesus?
    Es ist nicht so einfach.

  2. pixelpastor

    Hallo Marcel,

    1. Ich habe nicht alle Demonstranten verurteilt. Lies nochmal meinen Text – ich habe sehr bewusst „manche von euch“ geschrieben, und damit erklärtermaßen diejenigen gemeint, die für sich in Anspruch nehmen, die einzigen zu sein die „selber denken“.

    2. Ich weiß nicht, was „ehrliche“ Demonstranten sein sollen. Ich nehme erstmal jedem mit einem Schild ab, dass er ehrlich das meint, was er auf sein Schild schreibt. Das macht es bei vielen nicht besser – im Gegenteil.

    3. Ich weiß auch nicht, wo ich „Sorge“ erkennen soll bei Leuten, die Lügenpresse schreien, Teilnehmer zur aktiven Gesundheitsgefährdung auffordern („kommt ohne Maske“), zur Verhaftung der demkokratisch gewählten Regierung aufrufen, sich zur verfassungsgebenden Versammlung erklären oder zum „Sturm auf den Reichstag“ blasen.

    Natürlich waren die meisten Demonstranten keine Nazis. Das habe ich auch nicht behauptet.

    Aber wer an einer Demo teilnimmt, zu der auch AfD, NPD & Co öffentlich aufgerufen haben und wer dann Seite an Seite mit erklärten Gegnern der freiheitlich-demokratischen Grundordnung marschiert, muss doch wissen, dass er diesen Leuten damit ideologisches Gewicht verleiht. Ich kann als Demonstrationsteilnehmer in der Wahrnehmung von außen nicht eine Differenzierung erwarten, die ich bei meiner Demo-Teilnahme selbst nicht an den Tag gelegt habe.

    1. Ich schließe mich der Meinung von Herrn Dechert und Uwe…an..Mir geht diese verstandeslosen Chaoten und Bekaempfer der Demokratie auf den Geist.- Warum setzen Wir Sie nicht zur Bekämpfung der Umweltverschmutzung ein.Das wär eine sinnvolle Tätigkeit für die Krawaller-!?!

  3. Wolfgang Reckel

    Ich befürworte die Maskenpflicht und lehne Weltverschwörungstheorien ab. Auch die Anti-Corona-Demos fanden und finden nicht meine Sympathie. Skeptisch bin ich allerdings auch gegenüber der Berichterstattung von ARD und ZDF, da die veröffentlichte Meinung immer öfter die persönliche der (nach eigenem Bekenntnis überwiegend links-grünen) Journalisten ist. Wir werden diese „objektive Berichterstattung“ wieder erleben, wenn der Marsch für das Leben stattfindet. – Lesenswert finde ich dazu auch einen Kommentar von Boris Reitschuster:
    https://www.reitschuster.de/post/corona-demo-in-berlin-absage-an-den-rechtsstaat-mit-komplizenschaft-der-medien

    1. pixelpastor

      Hallo Herr Laub, die Kommentarfunktion auf meinem Blog ist für alle da, die sich inhaltlich mit meinem Post befassen möchten, sei es kritisch oder zustimmend. Aber das kommentarlose Veröffentlichen von Links – sei es zu AfD-nahen oder anderen Quellen – erledigen Sie besser auf Ihrer eigenen Plattform.

  4. Lars Lehmann

    Lieber Jörg, vielen Dank für eine ausgewogene EInordnung zu den Corona-Demos, diese teile ich auch. Leider scheint diese Debatte wirklich die Gefahr mitischzubringen, das wir eine weitere Polarisierung und Spaltung erleben werden, wie durch die Flüchtlingskrise 2015. Das wir leider, was ich wirklich befürchte, die Christenheit spalten. Es ist gut das du Haltung beweiist. Der ERF sollte das Thema intensiv behandeln. Schöne Gruüße. Lars

  5. Axel Michaelis

    eine sogenannte schwierige Kiste. Im Prinzip könnte man diesen Artikel sicherlich genauso in viele Einzelteile zerlegen wie es hier gemacht worden ist. Leider enthält der Artikel zuwenig das was er Anderen vorwirft: Fakten.
    Ich bin sicher nicht der Mensch der hier polemisch versucht zu Antworten, bin allerdings schon etwas erschrocken drüber wie wenig hier ein Fachmann von den Ängsten versteht die diese Zeit verkomplizieren.
    1. Ängste sind (siehe Corona Papier der Regierung März) von der Regierung mit Hilfe der Medien lt. Schreiben bewusst gemacht worden.
    2. Die Regierung hat ein Legitimationsproblem. Wer sagt, ohne Fachmann/Frau zu sein, Normalität entsteht erst wenn……und dann betont der Impfstoff besteht schafft Unwägbarkeiten. Oder nicht?
    3. Die angesprochenen 37.999 habe ich mir mal Live angesehen. Eine Gruppe die man durchaus als Querschritt der Gesellschaft bezeichnen kann. Christliche Gruppen, Budisten, Friedensaktivisten, Familien mit Kindern usw. sicher auch eine Handvoll Chaoten und Spinner. Aber: Alle friedlich aufgestellt eine gute Stimmung, Möglichkeiten mit andersdenkenden ins Gespräch zu kommen. Wir haben das genutzt und sind selten auf so viele interessierte Menschen gestoßen. Kein du Christ bist ein Spinner oder Rechter (was Christen vorgeworfen wird!), sondern Interesse. Eine Chance für bekennende Christen die nicht in ihrem Radio / Fernsehstudio hocken sondern mal an der Basis arbeiten. Wäre zu empfehlen!
    4. Es war nicht eine kleine Gruppe, es war Masse. Laut einer Polizeiinspektion die sich unter das Volk gemischt hat Hunderttausende (Plural!!!) Warum die Presse bisher dieses verschweigt? Ich habe mich überzeugt, ich war beobachtend dort. Habe noch nie so viele Menschen auf einen Haufen gesehen. Nun denn, wenn man eh in die Kategorie: du bist halt verstört eingeordnet wird scheint das kaum zu zählen.
    5. Robert F. Kennedy war Hauptredner. Und was sagt die Presse dazu? Oder der Schreiber? Inhalt?
    Dann ein Grünen Politiker der erzählt hat wie der Lockdown zustande gekommen ist und wie undemokratisch das Ganze ablief ohne Fakten !!! Aber das scheint Verschwörungstheorie zu sein. Oder?
    6. Krankenhäuser sind leer, das Grundgesetz wurde ausgehebelt die Politik bestimmt wie am 29.08 die Polizei obwohl ein Gerichtsbeschluss vorlag. Also das ist wie zu sehen? Wenn wir den Rechtstaat verlassen haben wir ein Problem. Zumindest wäre das ein Grund sich mal gedanklich mit derartigen Fragen auseinanderzusetzen. Oder lieber heile heile …..ach träumen wir weiter
    7. Wenn Wirtschaftsexperten wie Dr. Markus Krall oder Prof. Otte Corona als Vehikel sehen um die Größte Wirtschaftskrise ever ihr unterzuschieben, wie ist das zu sehen? Sind das Blödmänner die in das Tal der Ahnungslosen gehören? Der eine ist Chef von Degussa Gold der andere in der CDU (Werteunion) und wird als Experte schonmal in Bundesgremien angefragt. Die wie einige Andere sprechen sehr deutlich von einem Grundgesetz und Legitimationsproblem und einer Entrechtung der Gesellschaft. Die Politik soll für Bürger sein nicht umgekehrt. Das hat Auswirkungen auf Christsein.

    Egal wie man zu dieser Demonstration steht. Klar ist das diese Gesellschaft einer sozialistischen Ideologisierungswelle unterliegt welches Auswirkung auf unser Zusammenleben hat. Das die Christen hinterherhinken ist normal die merken gesellschaftliche Veränderungen erst dann wenn sie durch sind. Das ist provokant und auch so gemeint. Ich kann mich kaum erinnern das die Mehrheit der Christen in unserer kritischsten Zeit aufgewacht ist. Widerstand? Wie viele haben Juden geholfen? Nun denn, vielleicht ist diese Situation nicht gleichzusetzen, jedoch ist die Propagandamaschine mit Zensur (Googel, Facebook und Co) angelaufen. Oder nicht? Wer das nicht sieht, dass wir keinen Diskurs und eine Art Gleichschaltung der Medialen Welt haben, den kann ich nicht verstehen. Man muss nicht einer Meinung sein. Gegenmeinungen muss man aushalten können. Wenn jedoch diese nicht mehr vorkommen wie ist das zu bewerten?
    Klar ich teile jetzt aus, ich irre mich aber gern. Nur wehe wenn nicht. Dann haben wir mehr als ein Legitimationsproblem der Regierung in Corona Zeiten. Und worum ging es von Anfang an? Die Kurve flach halten. HABEN WIR! UND? Es geht weiter immer weiter. Das da Leute das nicht toll finden ist Verständlich und richtig!

    1. pixelpastor

      „Klar ist dass diese Gesellschaft einer sozialistischen Ideologisierungswelle unterliegt…“ – nein, Axel, das ist nicht „klar“.

      Ich stimme dir zu: Die Bekämpfung einer globalen Pandemie, deren Zerstörungskraft zu Beginn niemand gut einschätzen kann, weil die wissenschaftliche Erforschung dieses Virus erst anlaufen muss, ist eine „schwierige Kiste“. Dass Verantwortliche angesichts der Ereignisse aus Wuhan und Norditalien erstmal lieber auf Nummer sicher gehen, kann ich ihnen nicht vorwerfen, da hätte ich an ihrer Stelle und mit dem, was man im Frühjahr wissen konnte, vermutlich erstmal ähnlich entschieden. Dass sich manche Maßnahmen im Krisenverlauf als unnötig vorsichtig erweisen, ist eher wahrscheinlich und liegt in der Natur der Sache. So ist das immer mit Gefahrenabwehr: Bei 99% der Autofahrten, bei denen ich meinen Anschnallgurt anlege, hätte ich ihn im Nachhinein nicht gebraucht. Ist die Anschnallpflicht deshalb eine unzulässige Einschränkung meiner Freiheit?

      Ich erwarte von verantwortlich handelnden Politikern, dass sie mit zunehmendem wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn diese Maßnahmen nachsteuern und dass Einschränkungen so schnell wie möglich, wie es mit Blick auf das Gemeinwesen eben verantwortbar ist, wieder zurücknehmen. Auch das sind sicher keine einfachen Entscheidungen, sie müssen öffentlich debattiert werden (werden sie ja auch) und von Gerichten überprüft werden (werden sie ja auch).

      Und wer zum Schluss kommt, dass die heute handelnden Politiker unverantwortlich gehandelt haben, soll bei der Bundestagswahl 2021 bitteschön andere Leute ins Parlament wählen, die seiner Meinung nach bessere Lösungen zur Krisenbekämpfung haben.

      Leute, die gerne das Deutsche Reich zurück hätten oder allen Ernstes glauben, sie hätten dank Youtube und „Selberdenken“ im Gegensatz zu allen anderen endlich die unterdrückte Wahrheit über diese Welt herausgefunden, sind für mich da keine geeigneten Kandidaten.

  6. Dimitri Minakov

    Lieber Jörg,

    ich teile Ihre Meinung nicht, weil Sie meines Erachtens kein Verständnis für diese Demonstranten zeigen wollen.

    Außerdem finde ich Ihren Schreibstill von oben herab und Sie erinnern mich an die Professoren und Dozenten, die während meines Sozialarbeitsstudiums an der Evangelischen Hochschule in Dresden uns alle Studenten vor Pegida gewarnt und aufgefordert haben, dagegen zu sein. Gott sei Dank, dass ich jedoch liebevolle Menschen auf unseren Straßen lernte kennen und seit 2017 ein anderes Bild von Demonstranten habe als dieses verzerrtes, das uns von Mainstream gezeigt wird.

    Dank der AfD-Leute habe ich überhaupt vom “Marsch für das Leben“ erfahren, an dem ich am 19.09.2020 teilnehmen werde mit der Hoffnung, Sie dabei auch zu sehen. Schreiben Sie bitte aber nicht, wie manche andere Christen behaupten: “Solche Demonstrationen gegen Abtreibungen bewirken nichts”. Das kann ich nicht nachvollziehen.

    Liebe Grüße und Gottes Segen aus Dresden
    Dimitri Minakov

    1. pixelpastor

      Hallo Dimitri,

      wie schon erklärt habe ich in meinem Text nicht gegen „die“ Demonstranten in Berlin Stellung bezogen, sondern gegen „manche von euch“ – und zwar die, die mit der Anmaßung auftreten, sie hätten eine politisch-mediale Verschwörung entdeckt weil sie im Unterschied zu allen anderen „selber denken“ würden, ohne jede Bereitschaft oder Fähigkeit zur Quellenprüfung – und die sich dadurch im Effekt zum willfährigen Helfer von Gegnern unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung machen (lassen). Ob sie das aus Naivität, Hybris oder Indifferenz tun, spielt für Radikale im Ergebnis letztlich eigentlich keine Rolle.

      Wer öffentlich brüllt, er lebe in einer Diktatur, werde von „den“ Medien belogen und eine finstere „Elite“ ziehe dafür im Hintergrund die Fäden, hat in diesem Land -der angeblichen Diktatur!- alles Recht, das zu sagen, aber er kann nicht erwarten, dass ich mich in sozialpädagogischer Fürsorge um ein Verständnis seiner „eigentlichen“ Sorgen bemühe. Er hat ja mit seinem Auftreten sehr deutlich geäußert, wie er verstanden werden will – und das in Stil und Inhalt als Anmaßung zurückzuweisen, hat nichts mit „mangelndem Verständnis“ oder „von oben herab behandeln“ zu tun. Im Gegenteil – diese Leute habe ich einfach bei ihrem Wort genommen.

      Oder denkst du, die haben das mit der Diktatur und der Medienverschwörung am Ende gar nicht so gemeint?

  7. Lars Lehmann

    Lieber Jörg, deine Antwort zu @Dimitris Kommentar finde treffend. Denn es gibt keine politisch-mediale Verschwörung. Würde wir in einer Diktatur leben, hätte es keine Demo am Samstag gegeben. Ein Regime hätte diese Demonstranten sicherlich schnell in Gefängnis gebracht. Und bei aller berechtigten Kritik dürfen Bürger in unserem Land auf die Straße gehen, auch wenn sie an eine Wltverschörung oder andere Sichtweisen vertreten. Eine Demokratie muss auch , diese Meinungen ertragen. Was ich nicht gut finde, das die Demobefürworter einen erklären wollen, das deren Erkenntnis für alle gelten würde. Das ist nach meiner Sicht einiges durcheinandergeraten. Hier ist wirklich die Gefahr des Populismus erkennen – ob das einen christlichen Zeugnis hilft? Das ist wirklich fraglich. Ich meine eher nicht.

  8. Claudia Niemann

    Lieber Herr Pixelpastor,
    Anscheinend sehen Sie die Welt so, wie Sie sich selbst nennen, in Pixeln. Alles, was nicht zu Ihrem Weltbild passt, wird weggepixelt im Bild.
    Als Naturwissenschaften sollten Sie doch auch in der Lage sein, die Zahlen und Statistiken nachzurechnen und zu überprüfen. Das sollte Sie zu der Schlussfolgerung bringen, dass die Pandemie niemals eine war, und dass die Zahlen künstlich hoch gehalten wurden bzw werden.
    Als Pastor, und das finde ich noch wesentlicher, sollte Ihnen auch klar sein, dass Christen überall hingehören, um das Evangelium zu verkünden und ggf Menschen zur Umkehr zu bringen. Egal, in was für ein Umfeld sie sich dabei begeben, und was ihnen für Leute dort begegnen.
    Das haben einige auch getan auf der Demo, u.a. mit dem Spruch aus dem 2. Tim.,den Sie ja hier wohl genau aus dem Grund polemisch zitieren. Diese Christen haben nicht nur die Möglichkeit wahrgenommen, die Botschaft zu bringen, sondern eben genau diese Botschaft an einen Brennpunkt gebracht, wie man ihn nicht besser hätte wählen können.
    Das würde Ihnen auch gut zu Gesicht stehen, genauso wie etwas ziviler Ungehorsam gegen eine verfehlte Politik, aus der die Regierung jetzt offenbar nicht mehr raus kommt,sondern die Polizei und Ordnungsämter dazu benutzt, um die Drecksarbeit zu machen.
    Nehmen Sie sich bitte ein Beispiel an unserem Herrn und Bruder, der sich stets mit den Randgruppen der Gesellschaft abgegeben hat und bei dem Extremisten auch in seinen Jüngern nicht fehlten. Vielleicht kommen Sie ja doch noch zu einer anderen Meinung als die des Mainstreams… Sie befänden sich in bester Gesellschaft. Ohne Rechtsextreme, Spinner oder andere, die nicht wissen, wohin vor Angst.

    1. pixelpastor

      Hallo Frau Niemann,

      ja, als Physiker verstehe ich glaube ich ein paar Dinge über Statistik und Exponentialrechnung. Ich maße mir nicht an, Zahlen und Statistiken „nachrechnen zu können“ – Virologie ist ein Fach für Experten – aber aufgrund meiner Ausbildung komme ich zu dem Schluss, dass die veröffentlichten Zahlen im Großen und Ganzen plausibel den aktuellen Kenntnisstand wiedergeben. Ich widerspreche Ihnen also ganz entschieden darin, dass „die Pandemie nie eine war“ oder die Zahlen „künstlich hochgehalten wurden“. Sie können das weiterhin behaupten, das ist ein freies Land. Aber Sie können nicht Gehör oder Zustimmung dafür erwarten.

      Ich bin nicht immer glücklich mit den Feinheiten der medialen Darstellung dieser Zahlen, aber Kern halte ich sie für plausibel. Für absolut faktenwidrig halte ich dagegen die Darstellung dieser Zahlen, in manchen Kreisen von Kritikern der Corona-Politik der Bundesregierung herumgereicht wird. Da wird geglaubt, was in den Kram passt.

      Und was die Sache mit der „Botschaft“ angeht, die Sie ansprechen – sollten Sie nach Berlin gefahren sein, um Demonstranten zum Glauben an Jesus einzuladen, finde ich das gut. Diese Einladung zu Jesus muss allen Menschen gelten, auch den Typen mit den Reichskriegsflaggen! Und ja, Jesus hat auch Zeloten – die Radikalen seiner Zeit – nicht zurückgewiesen, die ihm zuhören und von ihm lernen wollten. Aber er hat sich umgekehrt nie einspannen lassen für deren politischen Feldzüge. Er hat Familienangehörige der römischen Besatzungstruppen geheilt und dem verhassten Kaiser in Rom Steuern gezahlt. Oder etwa nicht?

      Zum Schluss noch zum Thema „Mainstream“: Nach den jüngsten repräsentativen Umfragen (also nicht nur „ich und meine Facebook-Freunde“) sind deutlich über 80% der deutschen Bevölkerung mit der aktuellen Corona-Politik der Bundesregierung entweder zufrieden, oder wünschen sich noch schärfere Maßnahmen. Wer von Demonstranten also allen Ernstes meint, er sei „das Volk“, und die Regierung hätte mit ihrer Politik keine Unterstützung in der Bevölkerung, und man müsse jetzt und hier eine verfassungsgebende Versammlung aus den Demonstranten heraus bilden, dem sei gesagt: Du bist mit deiner Fundamentalkritik deutlich in der Minderheit. Du hast ein Recht, diese Kritik zu äußern, aber du bist eine Minderheit, und zwar deutlich.

      Manche sehen dann anscheinend nur einen Weg, so eine Minderheitenposition in ein Überlegenheitsgefühl umzumünzen: Indem man sich selbst zu jemandem erklärt, der aus „sicheren Quellen“ etwas in Erfahrung gebracht, hat, was die „schlafende Mehrheit“ nicht weiß. Oder indem man erklärt, dass diese Mehrheit in Wirklichkeit anders denkt und nur von einer „Diktatur unterdrückt“ würde oder von „Mainstream-Medien manipuliert“. Aber das ist nichts anderes als Verschwörungsglaube.

      Frau Niemann, bitte gehen Sie demonstrieren, für das was Sie für richtig und für wichtig halten. Bitte gehen Sie vor Gericht, Wo Sie glauben, rechtswidrig behandelt zu werden. Bitte wählen Sie nächstes Jahr andere Leute in den Bundestag, wenn Sie mit der aktuellen Regierung grundunzufrieden sind.

      Aber lassen Sie sich nicht vereinnahmen von Verführern, die Ihnen ein Überlegensheitsgefühl versprechen im Tausch für Ihre Unterstützung für deren Agenda.

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