Wer schon einmal bei einem Umzug mitgeholfen hat, weiß: Man kann einen Schrank oder ein Regal ankippen, um es zu verschieben – aber überschreitet man eine bestimmte Schieflage, kann man das gute Stück nur noch mit viel Kraftaufwand aufrecht halten. Und dann meistens nicht für lange.
So wie mit dem Schrank ist das auch mit Organisationen. Mit Firmen. Mit Kirchen. Auch da kann eine Schieflage zwischen „oben“ und „unten“ über ein Ankippen hinaus zur bedrohlichen Schieflage werden.
Da sind auf der einen Seite Organisationen, deren Leitungsgremien ihrer Zeit meilenweit voraus sind – während die Basis beharrlich am Althergebrachten festhält. Manchmal sind diese Beharrungskräfte der Vielen so stark und der „Mitnahmeeffekt“ der Leitung so gering, dass die ganze Organisation zu kippen droht, und nur noch mit viel Krafteinsatz davor bewahrt werden kann, ihre Veränderungsfähigkeit zu überfordern.
Und auf der anderen Seite gibt es Organisationen, deren Leiter verzweifelt versuchen zu bewahren und zu konservieren – während die Basis schon längst weiter gezogen ist. Man will die Zeichen der Zeit auf der Führungsetage nicht wahrhaben – und setzt viel Kraft ein, das Umkippen zu verhindern. Eine Kraftleistung, die in der Regel nicht beliebig lange aufrecht erhalten werden kann, bevor die Reformer gewinnen oder der Laden auseinander bricht.
Zu welcher der beiden Extreme neigt Deine Organisation? Deine Firma? Deine Kirchengemeinde? Und wohin lehnst du als Leiterin, als Leiter – nach hinten, nach vorne, oder versuchst du, möglichst still zu sitzen um ja nichts ins Kippen zu bringen?
Ich glaube: Ohne „Ankippen“ kann es in einer Organisation keine Entwicklung geben. Gute Leiterinnen und Leiter sind wie Segway-Fahrer: Sie lehnen sich nicht bewahrend nach hinten, sondern immer leicht nach vorne und halten ihre Organisationen so auf Spannung in Richtung Zukunft. Aber sie haben auch ein Gefühl für den Grad an Schieflage – und gehen nicht über den Punkt hinaus, an dem alles kippt.