Was ich als Christ über die NSA-Affäre denke

Liebe NSA,
diesen Blog-Eintrag braucht ihr nicht abzuhören, abzufangen oder abzuschöpfen. Ich erspare euch gerne die Arbeit. Denn wenn irgendwelche Dienste unter dem Schutzmantel der Macht und dem Deckmantel der Verborgenheit mit meinen persönlichen Daten hantieren, sollten wir uns als Zivilgesellschaft klar und öffentlich zu Wort melden. Heute ist der 4. Juli, Independence Day, der amerikanische Unabhängigkeitstag. Ihr feiert als Gesellschaft, dass ihr damals frei geworden seid von der Gängelung durch eine fremde Kolonialmacht ohne Möglichkeit der demokratische Mitbestimmung. Diese Freiheit will ich auch.
Als ich das erste Mal von Euern Überwachungsprogrammen erfahren habe, war meine Bauchreaktion eindeutig: Das geht ja gar nicht. Ich will gar nicht wissen, was da alles läuft.
Der Kopf kam später: Gehört das Post- und Fernmeldegeheimnis nicht auch zu unserer Verfassung? Geht es den Staat etwas an, wenn ich online Freunden schreibe, Filme ausleihe oder Bücher bestelle? „Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten“ – dieser Satz steht im Handbuch einer Diktatur, nicht in dem einer Demokratie. Zur unantastbaren Würde des Menschen gehört auch, souverän zu entscheiden, wem ich vertraue. Dieser Souverän ist in Deutschland nicht der amerikanische Geheimdienst. Oder die amerikanische Regierung. Es ist nicht einmal die Bundesregierung. Dieser Souverän ist das Volk. Das sind wir alle.
Unbestritten ist, dass manche Firmen die Internetnutzung ihrer Mitarbeiter überwachen, dass Hacker versuchen meinen Online-Banking-Verkehr zu knacken oder dass Terroristen sich in der Anonymität der globalen Datenwüste verschanzen. Das gibt einer Regierung, die für begrenzte Zeit mit begrenzter Macht ausgestattet wurde aber noch lange kein Recht, den eigenen Souverän mit Eurer Hilfe flächendeckend zu überwachen – ohne Zustimmung, Transparenz oder Kontrolle.
Als Christ will ich mich für unser demokratisches Gemeinwesen einsetzen. Als Christ bekämpfe ich nicht Macht an sich – aber ich stelle mich denen entgegen, die das Recht des Mächtigen mit Rechtsstaat verwechseln.
Inzwischen findet auch mein Kopf: E-Mail-Überwachung – das geht gar nicht. Und ich will unbedingt wissen, was da alles läuft.
(erschienen in ideaSpektrum vom 4.7.2013)

0 Antwort
  1. Kleiner Zusatz zu dem Thema „Internetüberwachung in Firmen“.
    Es gibt hier einen großen Unterschied. Bei einem privaten Internetanschluss ist zunächst der Anschlussinhaber verantwortlich was darüber passiert, also derjenige der den Anschluss auch als Person nutzt. Bei Firmen ist dies anders. Verantwortlich ist hier die Firma, als Personen dann Der Geschäftsführer und der IT Leiter. Hier besteht also ein komplett anderer Sachverhalt darüber WARUM überwacht wird (sofern das der Fall ist).

  2. Berni

    So weit ich weiß, dürfte der Geschäftsführer oder IT-Leiter aber selbst dann nicht überwachen, wenn er für den Anschluss verantwortlich ist.
    Die Arbeitnehmerrechte wiegen schwerer und eine Überwachung ist nur dann möglich, wenn die Mitarbeiter vorher darüber informiert werden.

  3. Eine geheime Überwachung ist natürlich NIE zulässig und ein Betriebsrat (sofern vorhanden) muss auch immer zustimmen aber mir ging es darum aufzuzeigen das hier die Idee eine komplett andere ist als das was bei PRISM passiert.

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