Ewige Werte

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„Ich weiß, dass ich nichts weiß“, lässt der römische Schriftsteller Cicero eine seiner literarischen Figuren mit Berufung auf den griechischen Philosophen Sokrates sagen.  

Diese demütige Einsicht in die Begrenztheit menschlicher Erkenntnis ist zum geflügelten Wort geworden. Denn sie fasst in Worte, was ich auch heute, über 2.000 Jahre später, regelmäßig erfahre: Ich mache mir ein Bild von der Welt, von mir selbst, von anderen Menschen. Und ich stelle fest: Mein Bild ist und bleibt unvollständig, immer wieder. Was meine Erkenntnis der Wirklichkeit angeht, bleibe ich lebenslang ein Lernender. Das gilt für die Wirklichkeit unserer Welt, für die Wirklichkeit meines Lebens… und gilt das eigentlich auch für die Wirklichkeit Gottes? 

„Ja, auf jeden Fall“, legt sich der Apostel Paulus im 1. Brief an die Gemeinde in Korinth fest. Mein Bild von Gott ist und bleibt in diesem Leben unvollständig, ob ich es aus meinen eigenen, klugen Gedanken gewinne oder aus übernatürlichen prophetischen Eingebungen, die mir der Geist Gottes höchstpersönlich offenbart.  

Paulus formuliert das in 1. Korinther 13 so (Vers 9): 

 Was wir erkennen, ist immer nur ein Teil des Ganzen, und die prophetischen Eingebungen, die wir haben, enthüllen ebenfalls nur einen Teil des Ganzen.

Die gute Nachricht hängt Paulus gleich hinten dran: Es wird nicht bei diesem Stückwerk bleiben. Wenn ein Mensch mit seinem Tod übertritt in ein neues Leben, in die Gegenwart Gottes, dann wird seine Erkenntnis nicht länger begrenzt sein:  

 Eines Tages aber wird das sichtbar werden, was vollkommen ist. Dann wird alles Unvollkommene ein Ende haben.

Vollkommenes Erkennen. Vollkommenes Wissen. Die Wirklichkeit so wahrnehmen, wie sie wirklich ist. Einiges von dem, was ich heute für ach so wichtige Erkenntnisse halte, wird sich dann im Rückblick anfühlen wie… Kinderkram. Paulus wörtlich, Vers 11: 

Als ich noch ein Kind war, redete ich, wie Kinder reden, dachte, wie Kinder denken, und urteilte, wie Kinder urteilen. Doch als Erwachsener habe ich abgelegt, was kindlich ist.

Und dann schiebt Paulus noch einen Gedanken hinterher, einen wesentlichen: Es gibt Dinge, die ich heute lebe und erlebe, die in der neuen Wirklichkeit Gottes nicht überholt sein werden. Die bis in den Himmel hinein eine bleibende Bedeutung haben werden. Das ist nicht mein Gottesbild oder mein Bibelverständnis. Es sind vielmehr Dinge, in denen sich eine wachsende Beziehung zu Gott als Person ausdrückt. Vers 13: 

Was für immer bleibt, sind Glaube, Hoffnung und Liebe, diese drei. Aber am größten von ihnen ist die Liebe.

„Ich weiß, dass ich nichts weiß“ – damit werde ich wohl weiter leben müssen. Aber ich weiß: Die große Liebe Gottes zu mir wird bleiben, genauso wie mein kleines, dreifaches Echo, das ich schon heute Gott zurückwerfe: Glaube, Hoffnung, Liebe. Diese drei Dinge besitzen tatsächlich Ewigkeitswert.  

Und am größten von ihnen ist die Liebe. 

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