Bizarrer Promi-Kult im Neuen Testament

Wenn du dich mal wieder so richtig über deine Kirche, Gemeinde oder Gemeinschaft aufregst, hilft zum Stressabbau ein Blick ins Neue Testament. Nicht nur um sich vor Augen zu führen, wie Christenmenschen eigentlich zusammen leben sollten. Sondern auch, um sich zu entspannen. Denn in den ersten Gemeinden im ersten Jahrhundert war auch nicht alles Gold, was glänzt. Bei weitem nicht. Und hätte es damals schon bestimmte christliche Blogs und Zeitschriften gegeben, wäre besonders eine Gemeinde aus den Schlagzeilen kaum mehr herausgekommen, nämlich die in Korinth.

Als relativ große Hafenstadt war Korinth in der Antike ein lebhafter und chaotischer Schmerztiegel von Kulturen und religiösen Vorstellungen. Mittendrin die Gemeinde aus Menschen, die in Korinth zum Glauben an Jesus gekommen waren und nun ihre verschiedenen, heidnisch geprägten Werte und Lebensmaßstäbe unter dem Dach des Evangeliums zusammenzuführen versuchten.

Sagen wir mal ganz höflich: Es war kein Selbstläufer.

Das kann man bis heute in und zwischen den Zeilen der beiden Briefe wahrnehmen, die der Apostel Paulus an die Gemeinde in Korinth geschrieben hat (ein dritter Brief ist verschollen, die beiden anderen sind uns als Teil des Neuen Testaments überliefert). Es ist apostolische Schwerstarbeit mit Schichtzulage, wie sich Paulus in diesen Briefen zwischen angesichts der vielen verschiedenen Probleme, Konflikte, Schrägheiten und Verdrehungen der Guten Nachricht aufräumt, erklärt, klarstellt, ermahnt.

Ein Thema in der Gemeinde kennen wir auch heute noch nur allzu gut – in unserer Mediengesellschaft, auf Social Media und auch im christlichen Kontext: Den Promi-Kult.

Schau mal, da ist… Ich war übrigens bei… Ich finde ja den oder die…

Nichts gegen Vorbilder, um von ihnen zu lernen. Aber oft eignen sich öffentlich unbekannte Menschen viel besser als Vorbilder, denn die sind frei vom Promi-Kult. Promi-Kult, das bedeutet sich zu sonnen und zu schmücken mit der Tatsache, dass man jemanden kennt, den viele andere auch kennen. Das man „ihm“ oder „ihr“ begegnet und nahe gewesen ist, den oder die andere nur dem Namen nach kennen. Und unsere Zeit hat ein perfektes Werkzeug dafür erfunden: Das Selfie, geteilt in sozialen Medien. Schaut, wen ich getroffen habe!

Selfies gab’s zur Zeit des Paulus und der ersten Gemeinde in Korinth noch nicht. Promi-Kult schon. Und so haben sie sich gestritten damals und als Gemeinde fast zerlegt, wer welchem Apostel und Prediger anhängt, wer in welchem Fanclub ist, wer eigentlich das Evangelium wirklich verkündigt.

Aber Paulus, selbst einer dieser angehimmelten Promis, setzt den Korinthern klar und deutlich und kritisch auseinander, warum Promi-Kult und Evangelium nicht gut zusammen passen (1. Korinther 3, 10-15):

Weil Gott mich in seiner Gnade dazu befähigt hat, habe ich als ein kluger und umsichtiger Bauleiter das Fundament gelegt; andere bauen jetzt darauf weiter. Aber jeder soll sich sorgfältig überlegen, wie er die Arbeit fortführt. Das Fundament ist bereits gelegt, und niemand kann je ein anderes legen. Dieses Fundament ist Jesus Christus. Wie nun aber jemand darauf weiterbaut – ob mit Gold, Silber, Edelsteinen, Holz, Schilfrohr oder Stroh –, das wird nicht verborgen bleiben; der Tag des Gerichts wird bei jedem ans Licht bringen, welches Material er verwendet hat. Denn im Feuer des Gerichts wird das Werk jedes Einzelnen auf seine Qualität geprüft werden. Wenn das, was jemand auf dem Fundament aufgebaut hat, die Feuerprobe besteht, wird Gott ihn belohnen.  Wenn es jedoch verbrennt, wird er seinen Lohn verlieren. Er selbst wird zwar gerettet werden, aber nur wie einer, der im letzten Augenblick aus dem Feuer gerissen wird.

Ich nehme für mich drei Punkte aus diesem Abschnitt mit, an die ich mich immer wieder mal selbst erinnern will:

  1. Deine Identität liegt nicht in dem, wie dein Tun bei anderen ankommt. Kein Baumeister ist sein Werk, und am Ende ist Gott es, der das Werk – das Tun – eines jeden Menschen bewertet. Nicht alles, was du tust, wird Bestand haben. Aber selbst wenn alles fällt, was du jemals versucht habst: Du bist gerettet, Gott bringt dich durch Höhen und Tiefen an sein Ziel.
  2. Der Grund, warum du tust, was du tust, ist Christus. Du darfst und sollst dein Leben bauen, mit deinem Engagement etwas bewirken. Du selbst wählst aus, mit welchem Material du baust, mit welchen Werten, Motiven und Zielen. Und auf Dauer wird nicht verborgen bleiben, wo du das in Aufrichtigkeit und Demut getan hast, und wo du Abkürzungen genommen oder faule Kompromiss eingegangen bist. Aber vergiss nicht der Grund, aus dem (und auf dem) du baust: Christus. Seine Liebe zu dir. Seine Berufung über deinem Leben. Seine Barmherzigkeit mit deinen Fehlern und Schwächen.
  3. Vergleiche dich nicht mit anderen, verantworte dich vor deinem Herrn. „Jeder soll sorgfältig überlegen, wie er auf dem Fundament aufbaut“: Da ist kein Blick nach rechts oder links, wie die anderen Handwerker auf ihren Baustellen arbeiten. Da ist der Blick nach oben (Was willst du, Gott, das ich tue?) und nach vorne (Wie komme ich vorwärts in die Richtung, die Gott mir zeigt?). Sie tun es zwar ständig, mindestens in deinem Kopf, aber am Ende werden nicht andere Menschen das letzte Urteil über dein Werk sprechen. Wäre es nicht klug, deinen Blick auf den gerichtet zu halten, der es tun wird?

In diesen Punkten liegt ganz viel Zutrauen von Gott zum Einzelnen, und auch ganz viel Verantwortlichkeit des Einzelnen von Gott. Promi-Kult lenkt von beidem ab und reduziert uns zu Bewunderern oder Bewunderten – und deshalb hat Promi-Kult in der christlichen Gemeinschaft, Gemeinde oder Kirche nichts zu suchen.

1 Response
  1. Hier kann ich nur zustimmen! Den Promi-Kult gibt es und gab es schon immer. Außer der Tatsache, dass der „Promi“ selber oft in ein Licht gerückt wird, in dem er vielleicht gar nicht sein will, werden solche Leute oft als Indiz hergenommen, um die eigene Meinung unterstreichen. Richtig ist, dass es auch im Anfang der Christenheit Konflikte und Meinungsverschiedenheiten gegeben hat. So sind im Laufe der Geschichte viele „Gemeinden“, Kirchen, Konfessionen und Denominationen entstanden, bei denen man sich wegen oft zweitrangiger Lehrauffassungen die Köpfe eingeschlagen hat.
    Wenn wir als Christen (ob evangelisch, katholisch oder was auch immer) uns bekriegen, anstatt Jesus als das, was er ist, in den Mittelpunkt stellen, dem alles andere untergeordnet ist, dann brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn und dabei „Christus-ferne“ oder „-feindliche“ Religionen und Weltanschauungen immer mehr die Oberhand gewinnen. Eine der wichtigsten Aufgaben unserer Tage ist, für die Einheit aller Gläubigen einzustehen. Dazu können und sollen sich auch „Promis“ gerne stark machen.

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