Jetzt wird’s gleich etwas kompliziert, aber es gibt auch etwas Wichtiges zum Mitnehmen – versprochen. Es geht um’s Thema „geistliche Überheblichkeit“. Die soll es ja auch unter gläubigen Menschen geben, auch wenn sie sich manchmal in prächtige Gewänder kleidet.
Wir gehen rund 2.000 Jahre zurück in die Vergangenheit, ins römische Weltreich. Der gebildete jüdische Theologe Saulus hat eine Gottesbegegnung und kommt zum Glauben an Jesus Christus. Er wird – sprichwörtlich – vom Saulus zum Paulus. Er verbreitet in den römischen Provinzen die Gute Nachricht, dass Gott in Jesus Christus jedem Menschen mit Gnade begegnet, der sich darauf einlässt.
Viele lassen sich überzeugen, haben selbst Gottesbegegnungen, werden selbst Christen. Und damit steht die Frage im Raum: Was bedeutet das nun für die Juden? Waren sie nicht im Alten Testament die, von denen Gott gesagt hatte: „Ihr seid mein Volk“? Manche der frischgebackenen Christen meinen: Die Juden haben Jesus gekreuzigt, also hat Gott mit ihnen Schluss gemacht, und jetzt sind wir sein Volk“.
Paulus widerspricht. In seinem Brief an Christen in der damaligen Welthauptstadt Rom vergleicht er die Juden mit einem Ölbaum, dessen Wurzel die großen Glaubenshelden des Alten Testaments sind: Abraham, Isaak, Jakob, und so weiter. Und so wie die Wurzel den ganzen Ölbaum trägt und versorgt – dürre Zweige inklusive – so hängt auch die Zugehörigkeit zu Gott am Ende an dessen Versprechen „Ihr seid mein Volk“. Paulus wörtlich in Römer 11,16:
Wenn die Wurzel des Ölbaums Gott geweiht ist, sind auch die Zweige ihm geweiht.
Das heißt: Gott nimmt seine Versprechen nicht zurück und er gibt seine Menschen niemals auf.
Und Paulus schreibt den Christen gleich mit in den Stammbaum: Gottes Gnade gilt allen Menschen, in der Vergangenheit, in der Gegenwart und in der Zukunft. Niemand kann sich etwas darauf einbilden. Gott hat keine Lieblinge.