Lastverteilung

Wir wollen mit der Familie wandern. Vater, Mutter und zwei Kinder kurz vor dem Aufbruch. Decke, Proviant, Trinkflaschen – alles liegt auf dem Wohnzimmerboden und muss in den Rucksäcken verstaut werden. Die Frage ist: Wer kriegt was in den Rucksack? Wie viel soll jeder tragen?

So ist das, wenn eine Familie zu einer Wanderung aufbricht, und so ist das, wenn Menschen gemeinsam durchs Leben unterwegs sind: Wer trägt schwer, wer geht leicht durch’s Leben? Wer ist wofür verantwortlich? Und wer sollte wem helfen?

Gott sind diese Fragen nicht egal. Deshalb nimmt der Apostel Paulus im Neuen Testament dazu Stellung. In Galater 6 schreibt er:

Brüder und Schwestern, auch wenn jemand unter euch in Sünde fällt, müsst ihr zeigen, dass der Geist Gottes euch leitet. Bringt einen solchen Menschen mit Nachsicht wieder auf den rechten Weg. Passt aber auf, dass ihr dabei nicht selbst zu Fall kommt! Helft einander, eure Lasten zu tragen. So erfüllt ihr das Gesetz, das Christus uns gibt.

Wer sich dagegen einbildet, besser zu sein als andere, und es doch gar nicht ist, betrügt sich selbst. Jeder und jede von euch soll das eigene Tun überprüfen, ob es vor Gott bestehen kann. Ob sie etwas an sich zu rühmen haben, das lesen sie dann an sich selber ab und nicht an anderen, über die sie sich erheben. Jeder wird genug an dem zu tragen haben, was er selbst vor Gott verantworten muss.

In diesem Bibeltext stecken für mich zwei Gewissheiten über die richtige Lastverteilung.

Gewissheit Nummer eins: Jeder von uns ist fehlbar. Jeder kann sich durch eigene Schwächen, Fehler oder Sünde Last aufladen, die einen zu Fall bringt. Deshalb gibt es für die anderen in der Wandergruppe keinen Grund, arrogant gegenüber den Strauchelnden aufzutreten. Wer irrt, wer fällt, wer sich verrennt – der braucht nicht das hämische Grinsen der Umstehenden. Sondern jemand, der aus einem reifen Glauben heraus zu Hilfe kommt. Hilfe für Sünder – das ist das, was Jesus von seinen Nachfolgern erwartet, sagt Paulus.

Und Gewissheit Nummer zwei: Jeder ist für den Umgang mit seinen Lasten vor Gott verantwortlich. Niemand kann diese Verantwortung von sich abwälzen, und niemand kann sich Gott gegenüber damit rechtfertigen, dass man ja immerhin besser mit seiner Last klarkommt als ein anderer. Paulus ist da glasklar: Niemand soll auf andere herabschauen, um sich besser zu fühlen. Jeder hat genug an dem zu tragen, was er selbst vor Gott verantworten muss. Deshalb hat niemand einen Grund, arrogant aufzutreten, sondern Grund zum Mitfühlen: Jeder kann in eine Situation geraten, in der er selbst einmal Hilfe benötigt.

Ich glaube, wenn unser Leben eine Bergwanderung wäre und Paulus der Bergführer, würde er seiner Wandergruppe vermutlich diese Ansage machen: Jeder muss seinen eigenen Rucksack tragen. Und wenn jemand damit in Schwierigkeiten kommt, dann sollen die anderem ihm helfen.

Helft einander, eure Lasten zu tragen. So erfüllt ihr das Gesetz, das Christus uns gibt.

(erschienen in der Sendereihe Wort zum Tag bei ERF Plus)

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