Wenn Kinder in einer Gruppe zusammen spielen, dann fangen sie meistens nach kurzer Zeit an, Regeln aufzustellen. Wer wen fangen muss, zum Beispiel. Oder an welchem Baum man vor den Fängern sicher ist. Wenn Kinder so etwas aushandeln, dann fragen sie auch immer: „Wer ist eigentlich der Bestimmer?“ Wer hat das Sagen? Wer hat die Macht?
Macht ist notwendig. Spielregeln müssen festgelegt und Meinungsverschiedenheiten bewältigt werden. Dabei kommt es immer mal wieder vor, dass Macht nicht gebraucht, sondern missbraucht wird. Manchmal benutzen Menschen Macht so, wie es nicht in Ordnung ist. Für die Machtlosen ist es schwer, sich dagegen zu wehren. Denn wer Macht hat, ist manchmal eben auch blind für das, was diese Macht mit anderen macht. Und wer traut sich schon, Mächtigen die Wahrheit zu sagen?
In der Bibel werden immer wieder solche Situationen beschrieben. Oft sendet Gott einen Propheten in so eine Situation hinein, um Mächtige mit ihrer Blindheit zu konfrontieren. So kritisiert der Prophet Jesaja im 8. Jahrhundert vor Christus führende Leuten der damaligen Gesellschaft, die ihre Macht systematisch missbrauchten, mit den Worten:
Weh denen, die weise sind in ihren eigenen Augen und halten sich selbst für klug!
Ich finde: Das ist eine zeitlose Warnung. Denn auch heute, in unserer Gesellschaft, gibt es Mächtige, die ihre Macht missbrauchen – und die selbst blind dafür sind, was sie damit anrichten. Auch heute halten sich manche Mächtige für klug – und verhalten sich doch alles andere als weise.
Ich nehme aus diesem Bibelwort mit: Ich komme nie an den Punkt, an dem ich mich nicht mehr irren könnte. Gut, wenn mir dann jemand die Augen für die Wahrheit öffnet.
(erschienen in der Sendereihe Anstoß bei ERF Plus)