Glaube ist Investition in Optimismus

„Was bringt mir dieser ganze Glaube denn?“, fragt mich eine Bekannte, die in ihrem Alltag gerade an zahlreichen Fronten gleichzeitig kämpft und ziemlich unter Druck geraten ist. „Warum macht Gott da nicht mal was Gutes?“ Ich kann sie verstehen. Denn mir geht’s manchmal nicht so viel anders. Wir meinen zu glauben, aber es funktioniert nicht.

Die spannende Frage ist dabei nicht das „Warum?“ oder das „Wo bist du jetzt, Gott?“ (auf diese Frage werde ich genauso wenig eine abschließende Antwort bekommen wie alle anderen glaubenden Menschen der Geschichte vor mir). Die spannende Frage ist, was mir meine Reaktion über mein Gottesbild verrät. Über meine Definition von „Glauben“. Und ich meine nicht die Bibelverse, die ich dazu vielleicht mal auswendig gelernt habe. Ich meine das, was ich wirklich dazu denke, ganz tief innen und unten. Ich meine mein mentales Modell vom Glauben.

Ich vermute: In der Glaubenswelt vieler Christenmenschen gibt es mindestens Überreste von einem „Tun-Ergehens-Zusammenhang“, wie das in der Theologie heißt. Einfacher ausgedrückt: Überreste von einem „Wenn-Dann-Denken“: Wenn ich (nur richtig) glaube, dann wird sich das für mich (spürbar) positiv auswirken. Noch kürzer ausgedrückt: Ich habe was davon.

Und die kleinen Drucksituationen des Alltags und großen Katastrophen des Lebens stellen mich vor die Frage: Was passiert eigentlich mit meinem Bild von Gott und vom Glauben, wenn ich nichts davon habe? Wenn der unausgesprochene Deal mit dem Allmächtigen nicht aufgeht? Stelle ich die Güte Gottes in Frage? Oder meine eigene Güte-Würdigkeit? Oder mein mentales Modell von dem, was Glauben bedeutet?

Ich finde, die dritte Option ist eigentlich die schlüssigste Variante. Gottes Güte oder meine eigene Person verwerfen kann ich später immer noch, wenn ich das unbedingt will. Dazu kommt es vermutlich aber gar nicht, wenn man das Fragezeichen zuerst bei der eigenen Glaubensdefinition setzt. Glaube hat eben einfach ziemlich wenig mit Wenn-Dann-Denken gemein – und dafür viel mehr mit dem Vertrauen darauf, dass Gott an sich gut ist, dass er mir nicht von der Seite weicht (meine Gefühle hin oder her), und dass sich die Erfahrung von David in Psalm 23,6 über kurz oder lang (und spätestens am Ende und im Rückblick) auch als meine Lebens- und Glaubenserfahrung herausstellt:

Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang.

Mir gefällt das Bild: Gutes und Barmherzigkeit warten nicht an jeder nächsten Straßenecke auf mich. Sie laufen nicht auf Schritt und Tritt neben mir her. Sie folgen mir. Manchmal habe ich „Vorsprung“, und es dauert eine Weile, bis mich das Gute und die Barmherzigkeit Gottes „einholen“. Manchmal gerate ich auf Abwege, und sie müssen mich erst „finden“. Aber – good news! – Gott ist Suchender („Adam, wo bist du?“), und ein Meisterfinder.

Das Vertrauen darauf, dass Gottes Güte und seine Barmherzigkeit mir mein Leben lang folgen, ist kein Geschäft mit dem Höchsten, und schwere Zeiten und Zweifel sind kein Garantiefall, den ich bei Gott geltend machen könnte. Denn Glauben ist ein Einlassen und ein Fallenlassen auf die Persönlichkeit Gottes – und ein Vertrauen darauf, dass seine Güte und seine Barmherzigkeit bei mir bleiben werden. Manchmal offensichtlich und zum Feiern. Manchmal undercover und unter Tränen.

Wie auch immer die Umstände sein mögen – Glaube ist Investition in Optimismus.

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