Machtwort von ganz oben

„Da müsste Gott mal so richtig reinhauen…“ Es gibt Situationen, Skandale, Zustände und Verbrechen, da ruft irgendetwas tief in meinem Herzen besonders schnell und leidenschaftlich nach einem Machtwort von ganz oben. Dass der Allmächtige es „dem da“ oder „denen“ mal so richtig zeigt. Ist Gott nicht heilig und gerecht?

Und ja – die Autoren der Bibel zeichnen wieder und wieder und wieder Bilder von Gottes Heiligkeit und Gerechtigkeit: Er ist nicht korrupt und nicht korrumpierbar, nicht bestechlich und nicht zu beeindrucken, er hat einen unfehlbaren moralischen Kompass.

Wenn ich mir dann vorstelle, wie ein heiliger und gerechter Gott uns Menschen gegenübertritt – mir gegenübertritt – dann entsteht vor meinem inneren Auge manchmal das Bild eines strengen Lehrers. Ein bisschen unzugänglich, ein bisschen perfektionistisch, ein bisschen mit Hang zur Schärfe. Und dieses Bild stimmt nun nicht mehr wirklich mit dem überein, was ich in der Bibel lese. Da ist Gott gerecht, aber nicht drakonisch. Heilig, aber nicht unzugänglich. Bei Gott ist nicht nur die Leidenschaft für den Triumph wahrer Gerechtigkeit unauslöschlich – sondern auch sein Bangen und Mitleiden um seine Menschen. Um uns. Um mich.

Der alttestamentliche Prophet Hosea hat diesen Wesenszug Gottes einmal so beschrieben, mitten in einer Brandrede gegen das Volk, das von Gott nichts mehr wissen wollte und das Gott gerade  mit seinem Unglauben konfrontiert hatte:

Mein Herz wendet sich gegen mich, all mein Mitleid ist entbrannt … Denn ich bin Gott und nicht ein Mensch, heilig in deiner Mitte.

In Gottes Persönlichkeit ist Gerechtigkeit zu Hause – aber nicht gegen Menschen, sondern in Leidenschaft für uns. Nicht in Abgrenzung von uns, sondern in unserer Mitte. Wenn mir angesichts der Zustände in dieser Welt mal wieder nichts anderes einfällt als der Ruf nach Gottes heiligem Zorn, dann möchte ich daran denken:

Gottes Machtwort ist nicht getrieben von Rache, sondern von Mitleid.

1 Response
  1. Philipp Pfeiffer

    Sehr wervoller Beitrag! Herzlichen Dank, lieber Jörg!

    Dazu noch gut zu verstehen, dass die ganze Bibel eigentlich ein riesiger Liebesbrief dieses gerechten und mitleidenden Gottes ist. Ich wünschte, dass wir als Christen das noch einladender und persönlicher vermitteln könnten.

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