Weißt du, wie es ist, fertig zu sein mit sich selbst und mit der Welt? Die Kraft scheint aufgebraucht, die Orientierung ist weg, das Verständnis für die Welt verloren gegangen… kennst du das? Ich vermute, in den letzten 20 Monaten der Corona-Pandemie hat unsere ganze Gesellschaft dieses Gefühl kennen gelernt. Manche vielleicht nur ab und zu. Andere als Dauerzustand.
Auch ich kenne solche Momente, wenn meine Kraft aufgebraucht ist und ich mich von einer Nebelwand umgeben fühle. Was mache ich dann, wenn ich fertig bin mit mir selbst und mit dieser Welt? Wo ankert mein Herz, wenn der Tank leer ist?
Das Corona-Virus mag ein neuartiges Virus sein – das Gefühl, fertig zu sein mit sich und der Welt, ist es nicht. Wir teilen es mit allen Menschen weltweit, quer durch alle Kulturen und quer durch unsere Geschichte. Deshalb kann ich heute lernen von einem anderen Menschen, der vor vielen Jahrhunderten gelebt hat und das auch gekannt hat, fertig zu sein mit sich und der Welt: König David.
Von David sind im Alten Testament sehr ehrliche und offenherzige Gebete überliefert, in denen er in den schwierigen Momenten seines Lebens mit Gott gerungen hat. Einer davon ist Psalm 86 – ein einziger Hilferuf Davids in einem Moment seines Lebens, in dem er fertig zu sein scheint mit sich und der Welt. Ein Flehen um neue Kraft, ein Ringen um Orientierung im Gespräch mit Gott.
Und ziemlich in der Mitte, in Vers 11 entdecke ich den Ankerplatz, den David für sein Herz gefunden hat. David betet:
Weise mir deinen Weg, Herr! Ich möchte in Treue zu dir mein Leben führen. Richte mein Herz auf eines aus: deinem Namen in Ehrfurcht zu begegnen.
Dieser Vers ist wie eine Zeitlupenaufnahme einer Kunstturnerin. Wie bei einem Ball, den man in die Luft wirft, und der ganz oben, am Umkehrpunkt, für einen Moment schwerelos in der Luft zu hängen scheint. In den vorhergehenden Versen hatte David um neue Kraft und das Eingreifen Gottes gebetet. Aber all das tritt für diesen einen Moment in den Hintergrund und verschwimmt gegenüber diesem einen Satz, der mitten in Psalm 86 aufleuchtet:
Weise mir deinen Weg, Herr! Ich möchte in Treue zu dir mein Leben führen. Richte mein Herz auf eines aus: deinem Namen in Ehrfurcht zu begegnen.
Das ist für David der Ankerplatz seines Herzens, wenn er mit sich und der Welt fertig ist.
Ich glaube: So anders unsere Welt heute ist gegenüber der Welt zur Zeit von König David, so sehr brauche doch auch ich heute diesen Ankerplatz für mein Herz. Und was David sich hier wünscht, das will ich auch:
Ich möchte festhalten, dass ich zu dir gehöre, Gott. Dass ich dich weiter respektiere und dir treu bin. Wohin auch immer mich das führen mag, und wie weit auch immer ich auf diesem Weg kommen werde.
In dieser Gewissheit – zu Gott zu gehören – ankert mein Herz, wenn der Tank leer ist.
Diese Worte habe ich gerade gebraucht. Ich habe zum Teil laut gelesen als Bekenntnis, dass es dabei bleibt. Treu bleiben auch wenn es rüttelt. Nun gehe ich getrost und gestärkt in den Tag.
Die Gewissheit, dass Jesus Christus da ist, selbst wenn wir an unsere Grenzen kommen. Ja, selbst dann wenn wir über unsere Grenzen hinaus kommen und gestresst und fertig sind. Diese Erfahrung macht uns gewiss, dass wir unserem Gott vertrauen können, was auch immer geschieht. Jesus gibt Frieden ins Herz auch wenn der Sturm tobt und er hält uns auch dann, wenn wir innerlich und/oder äußerlich durchgeschüttelt werden. Ihm gehört unser Lob und Dank dafür. Ja, es ist wunderbar zu ihm, ja ihm zu gehören!