Kaltakquise? Nicht cool…

Ich habe in letzter Zeit ein Deja Vu. Jedenfalls in 50% der Fälle, wenn ich eine neue Kontaktanfrage im sozialen Netzwerk LinkedIn  bekomme. Immer dann nämlich, wenn mir da ein Berater, Coach, Vertriebsmitarbeiter, CEO oder sonst jemand etwas verkaufen will, ohne mich vorher zu kennen. Kaltakquise.

Warum Deja Vu? Weil ich in den ersten Jahren, als Facebook & Co. in Deutschland bekannter wurden, bei unzähligen Seminaren versucht habe, Verantwortlichen für Öffentlichkeitsarbeit beizubringen, dass ein interaktives Medium kein kostenloser Mailverteiler ist. Mein Vergleich damals: „Facebook ist wie eine Kneipe“, es geht um Begegnung auf Augenhöhe, um Reden und Zuhören (damals gab es noch nicht die heute leider üblichen Kneipenschlägereien). Und niemand würde auf die Idee kommen, mit einem Megaphone eine Kneipe zu betreten und einfach seine Botschaft loszubrüllen – egal wie überzeugt man selbst davon sein mag.

Nun also LinkedIn, Facebook 2.0 und Tummelplatz von Selbständigen, Beraterinnen und Verkäufern. So gut wie jeden Tag bekomme ich eine Kontaktanfrage. Und in 80% der Fälle habe ich kaum auf „Annehmen“ geklickt, da will mir schon einer oder eine etwas verkaufen. Nun ja, die nennen das nicht so. Da ist von „Erfahrungsaustausch“ die Rede und „gemeinsame Lösungen entwickeln“ und von der „Bitte um Kontaktvermittlung zur richtigen Person im Unternehmen“. Aber alle Vokabeln, die da jemand auf einem Möchtegrn-Vertriebsseminar aufgeschnappt hat, ändern nichts daran: Da sucht jemand eine Verbindung zu mir, um sein Bedürfnis zu befriedigen. Indem er mir erklärt, eigentlich würde er ja nur mein Bedürfnis befriedigen wollen. Was er aber gar nicht kennen kann, weil… Kaltakquise.

Egal, wie viele Vertriebsseminare ihr besucht habt, Leute: So funktioniert Vertrieb nicht, erst Recht nicht in sozialen Netzwerken. Postwurfsendung bleibt Postwurfsendung, und mich nervt der Aufwand, das immer wieder wegzuwerfen und wegzuklicken dermaßen, dass ich das eine vielleicht tatsächlich passende Angebot in der ganzen Flut garantiert nicht wahrnehme. Und ich kenne viele Menschen in Leitungsverantwortung, denen es nicht anders geht.

Wenn du mich über LinkedIn erreichen willst, fang an, der Community guten Content zu geben. Umsonst. Ohne Verkaufsabsicht. Regelmäßig. Und wenn ich dich dann irgendwann als eine substantielle Stimme für ein Thema ansehe – und es dann irgendwann tatsächlich mein Thema ist, dann kontaktiere ich dich von ganz alleine.

Was eure Postwurf-Vertriebsmethoden betrifft, so habe ich es aufgegeben, darauf auch nur in Einzeilern höflich zu antworten. Ich lösche eure Anfragen einfach kommentarlos. Und manchmal denke ich, ich sollte den Spieß rumdrehen. Zurückfragen. Über Philosophie sprechen. Oder Lebenssinn. Oder Jesus. Oder irgendein anderes der Anliegen, die mir so wichtig sind.

Keine Angst, ich tue das nicht, denn (a) sind manche Kommunikationsansätze in der christlichen Evangelisation auch nicht besser als Kaltakquise (mehr darüber in meiner Podcast-Folge Botschaften aus der Blase). Und (b) sollte man nicht mit gleicher Münze heimzahlen.

Ich hoffe vielmehr immer noch auf die Wirkung von Aufklärung. Jetzt habe ich mit diesem Blog-Post ja einen Textbaustein. Den Link dazu kopiere ich jetzt einfach immer als Antwort rein, wenn der oder die nächste versucht, mir über Linkedin eine Dienstleistung anzudienen. Spätestens morgen dürfte es soweit sein…

Wenn du willst, darfst du diesen Link auch gerne für deine Kaltakquise-Abwehr bei LinkedIn nutzen.

2 Responses
  1. Volkmar

    Lieber Jörg Dechert,

    danke für diesen Post. Er zeigt mir warum ich schon seit CINA auf Deinen Content auf Dich aufmerksam geworden bin.

    Dein Content war für mich relevant.

    Schade, dass Du Ende September den ERF verlässt. Aber ich werde auch dann immer wissen woher ich für mich relevanten Inhalt finden werde.

    Liebe Grüße und Gottes reichen Segen 🌈
    Volkmar Auer

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