Wir haben ein Problem

0

In einem Workshop über agile Führung mit unseren Tribe Leads, Unit Leads und Developern (das sind unsere Führungskräfte bei ERF – der Sinnsender) haben wir vor kurzem über das Thema „Problemlösung“ diskutiert. Und sind dabei auf eine interessante Frage gestoßen, die mir noch länger nachgegangen ist: Woran liegt es, dass sich Führungskräfte in Firmen, Organisationen oder Kirchen manchmal so schwer damit tun, die Lösung von Problemen in ihrem Umfeld zu organisieren?

Vielleicht hast du mit deinem Team schon genug Projekte am Hals? Vielleicht erwartest du, dass jemand anderes das Problem für dich löst? Vielleicht hast du Angst, am Ende mit einem ungelösten Problem alleine dazustehen? Vielleicht kannst du dir auch gar nicht vorstellen, das Problem lösen zu können?

Es gibt viele mögliche Gründe, warum Führungskräfte Probleme liegen lassen, statt sie zu lösen. Aber am Ende kommen sie nicht darum herum. Denn wenn sie es nicht tun – wofür braucht es sie dann?

Gute Führungskräfte sind keine Schaulustigen, die am Unfallort darauf warten, bis die Profis kommen. Gute Führungskräfte sind Problemlöser.

Wenn du Führungsverantwortung hast – wie kannst du  die bewussten und unbewussten Hürden überwinden, die dich daran hindern Verantwortung für die Lösung eines Problems zu übernehmen? Vielleicht können dir die folgenden fünf gedanklichen Schritte dabei weiterhelfen:

1.   Es ist gut, wenn dieses Problem gelöst wird – der erste Schritt ist die Erkenntnis und Anerkenntnis, dass es etwas gibt, das anders sein könnte und sein sollte. Solange du das Problem nicht siehst, warum solltest du es lösen wollen?

2. Es ist (auch) mein Problem – vielleicht bist du und dein Team direkt betroffen, vielleicht liegt der pain point bei anderen Kolleginnen und Kollegen, die deine Hilfe brauchen. Aber Führungskräfte, die sich vornehm raushalten, obwohl sie helfen könnten und sollten, können keine Probleme zum Vorteil aller lösen.

3. Ich kann mir vorstellen, dass es eine Lösung für dieses Problem gibt – auch wenn du sie vielleicht noch nicht kennst. Je höher die Verantwortungsebene einer Führungskraft, desto komplexer sind in der Regel die zu lösenden Probleme. Selbst langjährige Berufserfahrung bedeutet nicht, immer sofort die Lösung eines Problems zu sehen. Aber: Das ist am Anfang auch nicht erforderlich. Nötig ist nur die Vorstellungskraft, dass es eine Lösung geben könnte. Gibt es ein Problem, braucht die Organisation zuerst Lösungssucher, nicht Lösungswisser (das unterscheidet übrigens Besserwisser von echten Problemlösern: Besserwisser meinen zu wissen, wollen aber nicht suchen. Problemlöser wissen, dass sie noch nicht wissen, machen sich aber auf die Suche).

4. Ich will mithelfen, eine Lösung zu suchen – du weißt nicht, wie sie aussieht, und du kannst auch nicht garantieren, dass du erfolgreich sein wirst. Du wirst es vielleicht auch nicht alleine schaffen, und es kann sein, dass du andere um Hilfe bitten musst. Mit all dem kann deine Organisation prima leben, denn sie weiß, dass du ein Teil der Lösung sein willst. Aber Führungskräfte, die nicht mindestens ein Teil der Lösung sein wollen, werden schnell zum Teil des Problems.

5. Ich kümmere mich drum – das ist der Satz, den deine Chefin am liebsten hört. Natürlich auch deshalb, weil es für sie bequem ist. Aber auch, weil er für dich als Führungskraft spricht. Hab keine Angst vor einem solchen Commitment – es bedeutet nicht, die Lösung des Problems schon zu kennen. Oder eine Lösung jetzt schon zu garantieren. Oder die eine, optimale Lösung zu finden. Oder dass jeder mit deiner Lösung happy sein wird. Und es kann auch sein, dass du nach drei Monaten sagen wirst: „Ich habe alles versucht, aber ich kann es nicht lösen.“ Aber selbst das ist für die Organisation immer noch viel besser, als wenn Führungskräfte Probleme nur betrachten, beschreiben und beklagen, anstatt sie zu lösen versuchen.

Wenn du Führungsverantwortung trägst in deiner Firma, deiner Organisation, deiner Kirchengemeinde, in deinem Verein: Welches Problem liegt auf dem Tisch? Vor welchem dieser fünf Schritte stehst du gerade gedanklich? Wirst du den nächsten Schritt gehen?

Schreibe einen Kommentar