Post vom Kap 24 – Gras auf dem Pfad

Nach einem Blick auf Christus (Montag und Dienstag) und die Welt (Mittwoch und Freitag) nimmt der Lausanne-Kongress an den letzten beiden Tagen die Gemeinde Jesu selbst in den Blick. Schwerpunktthema heute: Integrität.
Die Glaubwürdigkeit von Evangelisation hängt nicht zuletzt an der Glaubwürdigkeit der Verkündenden. Anhand von einem längeren Abschnitt aus Epheser 4,17 – 6,9 gehen wir mit Callisto Odede aus Kenia der Frage nach, wie sich das Evangelium im ganz persönlichen Lebensstil von christlichen Leitern auswirkt, die es verkünden.
Odede betont, dass für das Neue Testament Botschaft und Lebenswandel eine untrennbare Einheit sind: „It’s not enough to unserstand the gospel or even to appreciate it. In Eph 4,7 Paul urges his readers to walk in it.“
Und dann wird er sehr schnell sehr persönlich: „What would we have seen if we had followed you 3 months before this congress?“
Wie sieht es im Leben christlicher Leiter aus, was zum Beispiel ihre Ehen angeht? Odede: „God wants the marriage to be a window through which people can look and see the love of Christ for his church“. Sehen sie das bei uns?
So wie Odede haben bei uns Leute früher zu Erweckungszeiten gepredigt: Laut, schnell, mit großer Leidenschaft und Fokus auf dem „christlichen Lebenswandel“. Ich frage mich: Sind wir im Westen da einfach „weiter“? Haben wir uns in der Vergangenheit an so einem Stil einfach „satt gehört“? Oder hat uns die Kirche in anderen Ländern an dieser Stelle etwas wiederzubringen, das wir verloren haben?
In meiner Tischgruppe folgt ein lebhafter, ehrlicher und – angesichts der Tatsache dass wir uns erst seit einer Woche kennen erstaunlich offener – über Höhen und Tiefen in unserer ganz persönlichen Jesusnachfolge.
Im Gedächtnis bleibt mir eine Geschichte Odedes aus der ostafrikanischen Erweckungszeit. In vielen Brüdergemeinden Ostafrikas wurde großen Wert auf einen christusgemäßen Lebensstil gelegt. Ehrlichkeit, Treue, Demut – „walk in the light“, nannten sie das damals in Anlehnung an Epheser 6,8. Die Christen Ostafrikas trafen sich in kleinen Gruppen, um sich gegenseitig und freiwillig Rechenschaft abzulegen, voreinander Buße zu tun, sich die Vergebung Gottes zuzusprechen, füreinander zu beten. Diese Gebetsgruppen trafen sich in Büschen; von den Wohnhütten eines Dorfes führten zunehmend ausgetretene Trampelpfade zu den verschiedenen „Gebetsbüschen“.
Wenn es vorkam, dass jemand anfing ethische Kompromisse in seinem Lebensstil zuzulassen und er deshalb nicht mehr zu seiner Gebetsgruppe ging, fiel das seinen Nachbarn und Freunden anhand der Bodenbeschaffenheit schnell auf. Und sie würden dann auf ihn zugehen und fragen: „Brother, we have seen grass growing on your path. How can we help you?“
Manches mag sich in uns sträuben gegen eine solche Vorstellung. Aber ist es nicht gerade die Tragödie zu vieler christlicher Leiter (und ebenso von Politikern und Managern), dass keiner sieht wie Gras über ihren Pfad wächst?

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