Wie geht glücklich mit weniger Geld?

„Die Griechen prügeln sich auf den Straßen mit der Polizei. Das ist eine Möglichkeit, auf drohende materielle Verluste breiter Schichten zu reagieren. Was werden die Deutschen tun, wenn das ökonomische Niveau schrumpft?“ – das ist die Ausgangsfrage in einem Artikel von Joachim Fahrun bei Welt Online. Er berichtet darin über die gerade veröffentlichte sozialwissenschaftliche Studie „Zufrieden trotz sinkenden materiellen Wohlstands“, erarbeitet von einer Arbeitsgruppe um Sozialwissenschaftler Meinhard Miegel.
Meinhard Miegel – eher konservativ und wirtschaftsnah – scheint generell unverdächtig, unbedachte Fundamentalkritik am bestehenden Wirtschaftssystem äußern zu wollen. Um so mehr hat es mich überrascht, wie klar und schonungslos die Studie mit der alles rechtgfertigenden „Wachstumsideologie“ der letzten 50 Jahre ins Gericht geht: „Die Zeit der billigen Rohstoffe und einer gratis als Müllkippe zu missbrauchenden Umwelt gehe zu Ende […]“, so Miegel, „diese Politik hat sich erschöpft“.
Die Aufmerksamkeit der Studie gilt nun nicht alternativen Wirtschaftsmodellen oder einem Maßnahmenkatalog zur Vorbegung der nächsten Finanzkrise. Miegel und seine Mitstreiter ziehen vielmehr eine Verbindung zum Glück. Nicht gerade ein Banker-Thema, obwohl Glück und Geld in Werbung und Wünschen so oft miteinander verkoppelt werden.
An dieser Verbindung zwischen Glück und Wohlstand ist nur bedingt etwas dran, fanden die Sozialwissenschaftler heraus: Bis in die 70er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts sei ein Zusammenhang zwischen steigendem Wohlstand und Zufriedenheit nachzuweisen. Aber seit ein bestimmtes ökonomisches Niveau erreicht ist, gilt das nicht mehr. Mehr Geld macht nicht glücklicher.
Mit anderen Worten: Manche die heute jammern, jammern auf hohem Niveau. Denn niemand scheint darauf vorbereitet, mit einem langsam und stetig sinkenden Wohlstandsniveau klar zu kommen. Wie bleibt man unter solchen Bedingungen als Einzelner zufriden und als Gesellschaft beeinander? „Bisher ist darüber nicht nachgedacht worden“, kritisiert Miegel. Politik hat bisher immer nach „mehr“ gefragt, weil man „mehr“ an die eigene Klientel verteilen kann. Wenn aus „mehr“ plötzlich „weniger“ wird, muss man manchen Gruppen etwas wegnehmen – und das will kein Politiker.
Die Zufriedenheits-Studie identifiziert insgesamt sieben Merkmale, die dafür wichtig sind, dass Menschen bei sinkendem Wohlstand zufrieden sind und die Gesellschaft als fair und berechenbar empfinden. Eins davon könnte Christen bekannt vorkommen. Zitat aus dem Artikel:

„Außerdem, und hier sehen die Forscher das größte Potenzial für politisches Handeln, müssten immaterielle Quellen für Zufriedenheit gestärkt werden.“

Immaterielle Quellen für Zufriedenheit – hätten christliche Gemeinden parallel zu allem Engagement für soziale Gerechtigkeit da nicht etwas anzubieten, was unsere Gesellschaft in Zeiten sinkender Wohlstandspegel immer dringender braucht?

Schreibe einen Kommentar