Welche Rolle spielen Twitter, Facebook & Co. beim Aufstand in Tunesien und Ägypten? Verschieben soziale Netzwerke die Machtverhältnisse in unserer Mediengesellschaft – und was bedeutet das für politische Prozesse in der Zukunft?
In einem Interview hat das Magazin Cicero hat den Systemdenker und Organisationspsychologen Peter Kruse danach gefragt. Er sagt unter anderem:
Wir haben noch nie ein kommunikatives System gehabt, das eine solche Vernetzungsdichte einerseits und eine hohe Spontanaktivität andererseits erzeugt wie das Internet […] das Bedürfnis nach Austausch, nach Mund-zu-Mundpropaganda ist das gleiche geblieben.
Dieses Netzwerk [hat] zu einer Machtverschiebung in der Gesellschaft geführt hat. Das ist eine neue Entdeckung […] Früher galt, wer die Medien beherrschte, wer in den Medien präsent war, derjenige hatte die Macht. […] Heute ist nur noch mächtig, wer Resonanz erzeugt. Die Macht sitzt nicht mehr beim Sender, sondern bei dem, der nachfragt.
Kruse pflegt dabei keineswegs eine Das-Internet-macht-alles-toll-Mentalität. Er kritisiert vielmehr:
Das Netz hat ein Grundsatzproblem. Die Informationen werden aus dem Kontext gelöst. Es ist das gleiche, als ob keine Bücher mehr geschrieben würden, sondern nur noch Zitate […] Das macht das Verstehen unglaublich schwer.
Für die Zukunft des Journalismus bedeutet das seiner Meinung nach:
Ein guter Journalist wird in Zukunft nicht derjenige sein, der als erster oder einziger eine Information besitzt. Derjenige wird ein guter Journalist sein, der eine Information besser verarbeitet […] Wenn Sie mir ein Handyvideo von irgendwo her schicken, muss ich dessen Aussagekraft überprüfen. Weil ich aber nicht selbst am Ort des Geschehens bin, ist das ein Problem.
Das vollständige Interview bei Cicero gibt’s hier. Lesenswert!