Täglich neue grauenhafte Bilder aus der Ukraine von Gräueltaten der russischen Armee – die Beweislage ist wohl so erdrückend, dass man das inzwischen ohne journalistischen Prüfungsvorbehalt so sagen muss.
„Wir Ukrainer kämpfen und sterben für eure freiheitlichen Werte“, ruft der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer Videoschalte nach der anderen den politisch Verantwortlichen in Deutschland und der EU bis hin zur Uno in New York zu. Übertreibt Selenskyj da nicht ein wenig? Ist das nicht vor allem der zwar verständliche, aber inhaltlich doch etwas überzogene Versuch, mehr westliche Unterstützung für den ukrainischen Widerstand gegen die russische Invasion zu gewinnen?
Unter anderem Timothy Snyder, Historiker für osteuropäische Geschichte und Professor an der Yale University, habe ich in den letzten Wochen einiges an Interviews und Vorträgen gelesen, gehört und gesehen, dass mich da umdenken lässt. Zum Beispiel die folgende Vorlesung im Rahmen des Chicago Humanities Festival im November 2014, kurz nach der Annexion der Krim und während der damals beginnenden russischen Militäroperation im Donbass. Ich habe stellenweise immer wieder nachsehen müssen, ob dieses Video tatsächlich schon mehr als sieben Jahre alt ist, so gespenstisch aktuell sind Snyders Beobachtungen (ein aktuelles Interview mit Timothy Synder vom 15. März 2022 gibt es zum Beispiel im Ezra Klein Podcast der New York Times).
Es lohnt sich, alle Englisch-Kenntnisse zusammenzukratzen und diese 60 Minuten zu investieren, die komplizierte Geschichte der Ukraine, die geopolitische Strategie Russlands und die Propaganda-Taktik Putins ein wenig besser zu verstehen:
Ich glaube, dass wir nicht unterschätzen dürfen, wie grundsätzlich die geopolitischen Ansichten und Absichten Putins auf die Unterminierung unserer Idee eines Europas in Frieden und Freiheit zielen, auf die Schwächung unserer Zivilgesellschaft und die Zersetzung unserer individuellen Erkenntnisfähigkeit von Wahrheit und Wirklichkeit. Ich glaube, dass in der Ukraine tatsächlich mehr auf dem Spiel steht als die staatliche Integrität eines Landes, von dem ich bis vor kurzem keine fünf Städte hätte aufzählen können, oder gar der Spritpreis an der der nächsten deutschen Tankstelle.
Zu meinem persönlichen und geistlichen Umgang mit dem Krieg in der Ukraine habe ich an anderer Stelle geschrieben bzw. gesprochen:
Zu viel Wissen, zu wenig Macht
Ich bin zu nah dran, um nichts wissen zu müssen – und nah genug, mich ohnmächtig zu fühlen. Und jetzt?
Mein Herz in der Krise
Wie denke, fühle, verhalte ich mich angesichts des Schicksals leidender Menschen in der Ukraine?
Großes Unrecht – starkes Herz
Ich höre die Nachrichten aus der Ukraine. Ich sehe die Bilder vom Krieg. Und es ist gut, dass ich mich mit meiner Frustration an Gott wenden kann – wie schon so viele…
Putins Krieg – vier Wege, den Blick zu weiten
Ich will mich nicht angstvoll auf das fixieren, was stündlich aktuell im Spotlight gehandelt wird. Hier sind vier Wege, den Blick zu weiten.
(5) Krieg und Frieden (Podcast „Wegfinder“)
Über die Realität von Krieg und das christliche Engagement für eine bessere Welt
(6) Ohnmacht (Podcast „Wegfinder“)
Über das Gefühl von Hilflosigkeit in der Krise und wie man es überwinden kann.
Wie du für die Menschen in der Ukraine beten und ihnen konkret helfen kannst – und wie sich Christen, ihre Gemeinden und Kirchen engagieren – gibt’s bei ERF – Der Sinnsender unter erf.de/ukraine.
Wie kann ich mit geschichtlichen Unsinn und Blabla den Völkermord Putins in der Ukraine rechtfertigen. Kein Umstand in der Welt kann den Mord an unschuldigen Zivilisten rechtfertigen. Das sollten wir als Christen eigentlich verstehen. Kennen Sie das 5.Gebot?
Ich könnte und wollte das auch nicht rechtfertigen. Das habe ich in diesem und den verlinkten Posts ja auch klar benannt. Anscheinend lesen Sie hier aber das Gegenteil hinein… warum?