Corona und das Licht der Welt

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Nicht leichter wird die Lage dadurch, dass in den langen Monaten der Pandemie unter Christinnen und Christen und aus ihren Ortsgemeinden heraus auch Botschaften laut geworden sind, die wenig von „Kraft, Liebe und Besonnenheit“ geprägt waren, den drei Kennzeichen des Heiligen Geistes nach 2. Timotheus 1,7. Was wurde da nicht alles vermeintlich prophetisch ausgerufen und geistlich naiv gleichgesetzt – Hygieneauflagen für Gottesdienste wurden zum „Beginn der Christenverfolgung“, Querdenker-Demos zum „Widerstand gegen die Mächte und Gewalten dieser Welt“, das Festhalten an Gottesdiensten zur „Verteidigung des Christentums in unserer Gesellschaft“, der Glaube an Jesus zum „magischen Schutz vor Infektionen“ und die weltweite Corona-Pandemie zum „sicheren Zeichen der anbrechenden Endzeit“. Ich glaube, diese Botschaften entsprechen weniger der Sendung der Gemeinde Jesu, sondern sind eher psychologisch verständliche Übersprungshandlungen angesichts einer beängstigenden, unüberschaubaren Krisenlage.

Was aber ist dann unsere Sendung als Christinnen und Christen in dieser Krise? Wozu sind unsere Gemeinden gesandt, wenn Gottesdienste, Gruppen und Arbeitszweige nur noch unter erschwerten Bedingungen möglich sind und manches diese Krisenzeit vielleicht nicht überleben wird? Wie können wir in dieser Krise und darüber hinaus „Botschafter sind an Christi statt“ sein (2. Korinther 5,20)?

Auf der Suche nach einer Antwort auf diese Frage möchte ich zwei Bilder von Gemeinde Jesu einander gegenüberstellen. Zwei mentale Modelle, in denen wir – oft unbewusst und unausgesprochen – Gemeinde denken und in der Folge dann auch praktisch leben.

Das erste Bild von Gemeinde Jesu ist das Bild von einem Stausee. Er sammelt das Wasser aus der Umgebung, wie eine Ortsgemeinde die sammelt, die „auch zu diesem Jesus gehören“. Dieses Bild hat viel für sich: Ist nicht die unsichtbare Gemeinde Jesu die „ecclesia“, ist sie nicht Sammlung der „Herausgerufenen“ aus einer gottfernen Welt?

So hilfreich und neutestamentlich unterfüttert dieses Bild ist, wenn es sich auf die übernatürliche, weltweite Gemeinde Jesu aller Denominationen als Sammlung und Rettung von Menschen in der unsichtbaren Welt bezieht – so schnell kann es kontraproduktiv werden, wenn ich es auf eine einzelne konkrete Ortsgemeinde beziehe, erst recht in Krisenzeiten.

Da wird aus dem Stausee das rettende „Sammelbecken“, dessen Wasserspiegel in unserer zunehmend säkularisierten Gesellschaft immer weiter abnimmt. Da „sickert die Welt ein“ durch die Begrenzungsmauern, da wird die stabile Staumauer des Status Quo erschüttert und bekommt Risse, durch die uns Menschen, Talente, Ressourcen  und Überzeugungen abfließen. Es rinnt uns durch die Finger und versickert, was bisher so gewohnt und geordnet war.

2 Antworten
  1. Martina Arp

    Hallo Herr Hörsting (oder wer immer den Artikel geschrieben hat; ist leider nicht erkennbar),

    ich finde es nicht hilfreich, wenn Sie kritische Positionen in Bausch und Bogen als nicht von „Kraft, Liebe und Besonnenheit“ geleitet bewerten und als „vermeintlich prophetisch“ und „geistlich naiv“ verurteilen. Damit machen Sie es sich zu leicht und nehmen die Positionen der Geschwister nicht ernst. Sie sind auch aufgefordet, auf andere zu hören. Die Haltung zu den Corona-Maßnahmen spaltet selbst Familien. Wichtiger ist m. E., in den Gemeinden in den Dialog über diese Fragen zu kommen. Es geht hier um Gewissensentscheidungen, die nicht einer für den anderen treffen kann.

    Mit freundlichen Gruessen
    Martina Arp

    1. pixelpastor

      Hallo Frau Arp, den Artikel habe ich geschrieben (in „Christsein Heute“ steht mein Name drunter, auf diesem meinem persönlichen Blog pixelpastor.com sind alle Artikel von mir, die nicht anders gekennzeichnet sind).

      Ich habe keineswegs Kritik an Corona-Maßnahmen grundsätzlich für falsch oder unzulässig erklärt. Das ist ein freies Land, und wenn Sie Ihre Meinung äußern wollen, dann tun sie das, am besten ja, im Dialog, und gerne auch unter Inanspruchnahme des Demonstrationsrechts, solange sie sich an dabei an Schutzauflagen halten.

      Wogegen ich mich im Artikel in 2-3 Sätzen ausdrücklich gewandt habe, sind geistliche Gleichsetzungen (z.B. von Pandemiepolitik mit Christenverfolgung). Alles, was ich in dem Zusammenhang aufgezählt habe, ist mir in den letzten 12 Monaten tatsächlich begegnet, geäußert im Brustton der Überzeugung und ohne jedes Fragezeichen. Und da halte ich es für meine Pflicht – als Christ und erst recht in Leitungsverantwortung – klar zu widersprechen:

      Solche Gleichsetzungen sind geistlich anmaßend, sie verzerren das Bild zentraler christlicher Glaubensinhalte, und sie tragen das Potential zur Verführung in sich.

      Deshalb haben solche Gleichsetzungen mit „Kraft, Liebe und Besonnenheit“ auch nichts zu tun. Wer behauptet, dass Corona eine von geheimen Weltbeherrschern global geplante Pandemie sei, oder dass Jesus die seinen alle vor dem Virus schützen würde, auf den muss ich keineswegs hören, und diese Positionen muss ich auch nicht inhaltlich ernst nehmen. Ich benenne sie als das, wofür ich sie halte: Psychologisch verständliche Übersprungshandlungen angesichts einer beängstigenden, unüberschaubaren Krisenlage.

      Die Gemeinde Jesu hat mit solchen Gleichsetzungen nichts zu gewinnen. Aber einiges zu verlieren. Denn unsere Sendung in diese Welt ist eine andere – und um diese Sendung ging es in allen anderen Sätzen in meinem Artikel.

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